Willkommen an der Wurzel des Alvarinho – im Minho

Foto mit Blick auf Weinberge der Region Minho. Man sieht grüne Landschaft und im Tal den Rio Minho.

Die vermutlich spannendste Weinregion Portugals ist der Minho. Komplett von Wasser umgeben wirkt die nordwestlichste Provinz des Landes fast wie eine Insel. Gerahmt von drei Flüssen, dem Minho im Norden, der Tâmega im Osten, und dem Douro im Süden, mit Abschluss im Westen an der Küste am Atlantik, zusätzlich durchzogen von kleineren und größeren Wasserläufen und dem Rio Lima, ein wahres Paradies.

Gesegnet sei die Wiege Portugals, wie die Landeshistorie erzählt. Denn hier gebar Feudalherrin Dona Teresa in der heutigen Weltkulturerbe-Stadt Guimarães, ihren erstgeborenen Sohn, Infante D. Afonso Henriques, der später mit der Unterzeichnung des Tratado de Zamora anno 1143, den Grundstein für das Königreich legen sollte. 

Von der einstigen Grafschaft »Portucali«, dem heutigen Minho, sprach man deswegen schon im Mittelalter, nannte es wundergrünes Sahnestück im Nordwesten der Iberischen Halbinsel, wo alles üppig gedieh, was lecker schmeckte. Man bräuchte bloß eine Handvoll Samen ausstreuen, ein paar Weinstöcke pflanzen, und im Herbst ernten.

Von jeher galt der Minho als eine der regenreichsten Regionen Europas, obwohl die Sommermonate trocken und heiß ausfallen. Über Wassermangel kann der Minho sich wahrlich nicht beklagen, breitet sich doch entlang des Flusses, der dem immergrünen Flecken Erde seinen Namen schenkte, das einzige und größte Basalthaltige Kieselstein-Terroir der Iberischen Halbinsel aus. Zwischen dem losen Sedimentgestein bleibt die Erde frisch und kühl, das Grundwasser gut geschützt. Die Flora freut es.

Monumentale Burgen, mittelalterliche Festungsstädte, die ältesten Glaubenstempel Portugals, archäologische Stätten aus der Römerzeit, uralte Hafenstädte wie Porto und Viana do Castelo, Esposende oder Póvoa de Varzim, all das verrät dir sofort etwas über die Bedeutung der Region in Nachbarschaft zum Spanischen Galizien, führt doch die Alte Römerstraße Via Nova von Santiago de Compostela südwärts direkt bis ins religiöse Zentrum Portugals, nach Braga, zur ältesten Kathedrale des Landes.

Bis Braga gehen wir heute noch nicht, sondern bleiben weiter nördlich am Südufer des Minho. Dein Gedankenweg führt vom Nordosteck Portugals am »Grenzposten Nummer Eins«, mit Aussichtsplattform und Holzstegbrücke über den galizisch-portugiesischen Grenzfluss, flussabwärts gen Westen.

Du folgst der Landstraße durch kleinere Bergzüge und triffst entlang der Strecke Burgruinen, verlassene Ermitagen, sowie immer wieder Weingüter, deren Lagen an moderat ansteigenden Gefällen stehen. Zwei Farben dominieren deinen Ausflug durch liebliche Landschaft. Grau und grün. Es ist die Gegend der runden Steine, bedeckt von Wildkräuterwiesen, Maisfeldern, und Weinbergen, bestellt von dichtem Mischwald. Je näher du den Burgstädten Melgaço und Monção kommst, desto mehr mehren sich Weinlagen mit Quintas, die zur Verkostung einladen.

»Bem Vindos«, willkommen an der Wurzel des »Alvarinho«. Über diese Rebsorte stolperst du im Minho überall, präzise in insgesamt neun kontrollierten Anbaugebieten. »Alvarinho«-Wein wird dir in jedem Lokal der Gegend angeboten. Ob aus der eigenen Hauskellerei, oder aus einem der berühmten Häuser wie dem Palácio da Brejoeira, von der Quinta de Soalheiro, Quinta da Murta, aus der Casa de Sézim, deren Sortimente alle auf kostbare »Alvarinho«-Trauben aufbauen, bis hin zu Fass-Weinen oder mit Kohlensäure angereicherte Sorten. Es ist ein bekömmlicher, mineralreicher, jung gekelterter Weißwein mit markanter Duftnote nach grünen Früchten und unverwechselbarer Säure, den die robuste Traube Zunge und Nase beschert. Die Rede ist vom »Vinho Verde«, Portugals Weltstar unter den Weinen.

Palácio da Brejoeira in Portugal, Klassizistischer Palast des frühen 19. Jh. mit prächtiger Einrichtung, Gärten, Weinbergen
(Bild: Palácio da Brejoeira, Quelle Wikepedia)

Charakteristisch ist seine natürliche leicht irdene Würze, die der Tropfen dem Basalt haltigen Terroir verdankt. Die widerstandsfähige Rebe hält die ganzjährige Nässe, die sommerliche Hitze und die frostigen Wintermonate im Minho gut aus, doch sie produziert bloß stoisch niedrige Mengen Trauben, was ihre Lese so kostbar macht. »Alvarinho« Sortenweine erzielen Höchstpreise, zum Beispiel der »Vinho Alvarinho de Palácio da Brejoeira«. Der emblematisch monumentale Barockpalast schenkt dem Wein seinen Namen, das Herrschaftshaus ging durch zwei Jahrhunderte durch mehrere Hände, bis Maria Hermínia Silva d’ Oliveira Paes, von ihrem Vater das Gut 1937 zu ihrem 19. Geburtstag übereignet bekam, und auf der Quinta Alvarinho-Stöcke pflanzen ließ. Die Winzerin strukturierte den Betrieb von Rotwein rigoros um, auf Alvarinho-Weine, und legte ihre Weinmarke »Palácio da Brejoeira« auf. Eine Frau an der Spitze eines Unternehmen, noch dazu eine Nobelmarke Wein, das war kurz nach der Nelkenrevolution 1974 in Portugal eine echte Sensation - genauso sensationell schmeckt der Wein. Vor allem der drei Jahre im Holzfass gereifte, entzückt Kennerzungen auf der ganzen Welt.

Außerdem destilliert das Weingut zwei Luxus-Spirituosen, den Trester »Aguardente Bagaceira« sowie den edlen Weinbrand »Aguardente Vínica Velha«, die du in ausgesuchten Wein-Boutiquen erwerben kannst. Oder auf dem Weingut selbst. Der imposante Palast steht Besuchern samt Kunstsammlung, Weinkeller, und einem Teil der ehemaligen Privatgemächer offen. Welch rauschende Feste mit illustren Gästen vom Königlichen Hof, Adel, und Klerus, hier gefeiert worden sind, kannst du dir bei deinem Rundgang durch den wenige Autominuten südlich von Monção gelegenen Palast, und die anliegenden italienisch und französisch inspirierten Gärten lebhaft vorstellen.

Portugals Weltstar-Wein »Vinho Verde« schmeckt exzellent, kitzelt außerdem am Gaumen entlang, was auf das natürliche, im Basalt enthaltene Soda zurückzuführen ist, so dass man von leicht moussierend spricht. Was allerdings nicht grundsätzlich bei allen Grünen Weinen zutrifft. Neben Grünen Weißweinen, werden Grüne Rote, sogar Roséweine und prickelnde Schaumweine produziert, deren Mineralität und Frische sie selbst als Cuvée als Grüne Weine auszeichnet.

Der Begriff korrespondiert mit dem Oberbegriff »Vinhos Verdes« für die Weinregion als solche, die sich seit Januar 2001 in neun anerkannte Grüne Weine Sub-Regionen definiert aufteilt. Grüner Wein wird jedoch nicht ausschließlich aus »Alvarinho« gekeltert. Weitere portugiesische weiße Rebsorten wie »Arinto, Antão Vaz, Loureiro, Avesso, Azal«, sorgen in dem mineralhaltigen Terroir des Minho gewachsen, ausgezeichnete Weißweine mit dem Prädikat Grüner Wein. Wohingegen Roter Grüner Wein durch sein sehr eigenwilliges Bouquet als jung gekeltert besticht, als würdest du einen Barriquewein probieren. Grüne Rosé und Schaumwein bescheren dir Sommerfrische und Fernweh zugleich, auf der Stelle dorthin zu fahren, wo all die feinen »Alvarinho« Trauben für den spannenden Weltstar-Wein wachsen, und die Grüne Frische des Minho mit gerade einmal acht Prozent Alkohol würzig elegant in sich vereinen.

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 Jakobsmuschel-Medaillons mit Speckmantel am Spieß- »Espetadas de Medalhões da Viera  com bacon« serviert auf einem weißen Teller

REZEPT: Jakobsmuschel-Medaillons mit Speckmantel am Spieß- »Espetadas de Medalhões da Viera com bacon«

Zutaten:

  • 1 Kg Jakobsmuschelkerne aus der Tiefkühltruhe, Abtropfgewicht ca. 600 g
  • Pro Spieß (je nach Pfannendurchmesser) 3-5 Scallops
  • Hauchdünn geschnittener Speck in Streifen
  • Salbeiblätter
  • 2 Schalotten Zwiebeln fein gewürfelt, 2 Knoblauchzehen fein gewürfelt, 1 Bund Frühlingszwiebeln in feine Ringe geschnitten, 1 kleine rote und 1 kleine gelbe Paprika in Würfel geschnitten
  • Salz, Pfeffer, Thymian
  • 2 Essl. Weißwein
  • Olivenöl

Zubereitung:

  • Die aufgetauten Muschelkerne spülst du unter kaltem Wasser ab und lässt sie auf Küchenkrepp abtropfen.
  • Jeden Muschelkern umwickelst du mit je einem streifen Speck. Dort wo sich der Streifen schließt, piekst du seitlich durch die Muschel mit dem Spieß und danach den nächsten Muschelkern, dazwischen je ein Salbeiblatt.
  • In einer Pfanne erhitzt du Olivenöl auf mittlerer Stufe und sautierst die Spießchen langsam von beiden Seiten gar, so dass sie sich aufblähen und auf beiden Seiten leichte Bräune annehmen und der Speck kross.
  • Die Medaillons mit Pfanne, Sud, und Deckel, stellst du beiseite.
  • In einer zweiten Pfanne schwenkst du die Gemüsewürfel, bis sie gar aber noch bissfest sind, würzt mit Salz, Pfeffer, einem Spritzer Tabasco und einer Prise Safran, so dass sich alles safrangelb färbt.
  • Mit Weißwein löschst du das Gemüse und lässt den Sud aufkochen, dann gibst du Löffel für Löffel Muschelsud hinzu und lässt reduzieren, bis die Sauce Bläschen schlägt.
  • Auf vorgeheizte Teller verteilst du Gemüse und Sauce und bettest darauf gleichmäßig verteilt deine Spießchen.
  • Gerne eine Runde Pfeffer aus der Mühle darüber streuen.
  • Dazu reichst du ofenwarmes Baguette.

Weinempfehlung: Eine schnelle und nicht alltägliche Vorspeise, die mit dem Klassiker »Alvarinho-Soalheiro« aus der Vinho Bar zu ihrer ganzen Aromen Breite findet.

Bom apetite!

(Fotos: Canva, iStock, Wikepedia)

Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?

Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com

 


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1 Kommentar
  • Vielen Dank für die tollen Artikel, die Lust machen, neue Weine auszuprobieren. Bitte mehr davon!

    Gabi am

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