KORKEN UND WEIN – ZWEI SEELEN IN EINER FLASCHE

Sonnenlicht fällt durch die Blätter einer majestätischen Korkeiche in einer malerischen Landschaft und hebt den kräftigen Stamm und das üppige Blätterdach des Baumes hervor.

Von Korkeichen, Korkschwämmen und Weinkorken

José-Paulo Nunes nimmt mich mit in seinen Korkeichenwald. „Weißt du, Korkeichen pflanzen wir Waldbauern für unsere Enkelkinder. Das ist ein Tribut an Mutter Natur, das zwar nirgendwo geschrieben steht, wir aber im Herzen tragen. Der Wald ernährt uns und wir nähren den Wald mit unserem Wissen. So wie meine Waldarbeiter, die den Kork vom Stamm lösen. Kräftige Burschen sind das, mit Bizeps, und Händen, die zupacken, die ihren Wald lieben.“ 

Die beiden Waldarbeiter heißen José und Mário. Beide haben sie das Ablösen der Korkrinde bei ihren Vätern abgeschaut, eine Ausbildung dafür gibt es keine. „Wir sind im Wald und mit dem Wald aufgewachsen“, erklärt José. „Nirgends sonst möchten wir leben und nirgends sonst arbeiten. Der Wald ist unsere Heimat, unser bester Freund. Im Sommer schälen wir Kork. Im Winter sägen und hacken wir Holz. Dazwischen kümmern wir uns um Neuanpflanzung und Baumschule.“

Mário schaut an einer Korkeiche hinauf. Die kurzstielige Axt mit der speziellen, von Hand geschmiedeten Halbmondförmigen Klinge, steckt wie ein Säbel in seinem Gürtel. Er bettet beide Hände auf den Stamm, erst danach tritt er ein paar Schritte rückwärts, holt aus und wirft die Axt. Ihre Klinge bleibt in der Borke stecken. Es gibt ein Geräusch wie von einer platzenden Papiertüte, als sich die Borke mit einem zähen Reißen spaltet. Von dort abwärts spalten José und Mário den Korkschwamm auf beiden Seiten des Stammes vertikal auf. Anschließend drehen sie die Axt um und schieben das Ende des Holzstiels in den Schlitz, und hebeln den Schwamm plus Borke ruckartig vom Stamm. Es lösen sie zwei pranchas. Das sind halbrunde, ca. 1.50 Meter hohe Rindenstücke. Mário klettert in die Astgabel hinauf, denn er ist der Klettermax, José bleibt am Boden und arbeitet am unteren Stamm weiter.

Eine Bildsequenz, die den traditionellen Prozess der Korkernte von einer Korkeiche zeigt. Mehrere Personen entfernen sorgfältig große Rindenabschnitte mit speziellen Werkzeugen.
[Fotos: Catrin George Ponciano]

Nackt steht der Stamm jetzt da. Hautfarben, wie entblößt, und duftet wie eine unreif geschälte Haselnuss. Kühl fühlt sich das Holz an. Nass ist es. Minuten später verfärben sich meine Hände lila. Geht mit Zitronensaft wieder weg, lachen José und Mário mich aus. Ihre Gesichter strahlen. Trotz Sommerhitze, Windstille, und Daumengroßen Schnaken. Zum Feierabend bekommen die Bäume eine Zahl an den nackten Stamm gemalt. In diesem Jahr eine 5, das bedeutet, 2035 sind sie zur nächsten Ernte fällig.

Korkernte ist ein nachhaltiges Handwerk. Waldarbeiter wie Mário und José lesen jeden Baum mit ihrem Wissen. Sie lösen den Korkschwamm mit Muskelkraft und arbeiten für ihre Existenz. Der Baum gewährt ihnen Arbeit und Salär. Kork ist ein nachwachsender Rohstoff, der Korkbaum ein essenzieller Naturschützer und Portugal Weltmarktführer in der Korkproduktion und Weiterverarbeitung. Korken verschließen Gefäße seit tausenden von Jahren, heutzutage vor allem Flaschen. Das Wissen, wie man Korkeichen bearbeitet und den Korkschwamm weiterverwenden kann, ist uralt. Nicht umsonst heißt es in Portugal, denkst du an die Zukunft deiner Enkel, pflanze Korkbäume. Denn der Lieferant für den vielseitig nutzbaren Naturstoff muss erst einmal vierzig Jahre alt werden, bis seine Schutzhülle zum ersten Mal geerntet werden kann. Zehn Jahre benötigt der Baum nach jeder Ernte wieder, um einen neuen Schwamm zu bilden, der mit zunehmendem Alter der Bäume immer dicker wird. Kork dient heutzutage vor allem der Wärme- und Schalldämmung, aber auch als Bodenbelag oder Tapete. Hinzu gekommen ist die Accessoire-Industrie für Handtaschen, Schuhe, Schmuck, und mehr.

Nahaufnahmen von erfahrenen Arbeitern, die vorsichtig Korkrinde von den Stämmen der Korkeichen entfernen und dabei die rötliche Innenrinde freilegen. Der Prozess zeigt verschiedene Stadien der Gewinnung.
[Fotos: Catrin George Ponciano]

Für Weinkorken kommen einzig dicke, kaum poröse Schwämme von mehr als hundert Jahre alten Korkeichen infrage. Sonst verschließt der daraus ausgestanzte Korken die Flasche nicht fachgerecht. Bei allzu luftdurchlässigen Korken könnten sich Trichloranisol Schimmelpilzsporen (TCA) bilden und den Wein ungenießbar machen. Beim Öffnen steigt ein modriger Geruch auf, man sagt, der Wein korkt. Solide Naturkorken sind deswegen entsprechend teuer und werden überwiegend nur für lagerfähige Weine und hochwertige Portweinkategorien verwendet.

Übrig nach dem Ausstanzen der Korkzylinder bleiben durchlöcherte Stücke, Diese werden zu Granulat geschreddert und weiterverwendet. Nichts vom Korkschwamm ist Abfall. Gänzlich ohne Kunstkleberzusatz, denn Kork entwickelt bei 850° C ein eigenes Harz als Klebstoff, werden aus dem Granulat lange „Korkwürste“ gepresst und diese dann entsprechend passend auf die Länge für Weinkorken geschnitten. Presskorken sind wesentlich günstiger als Naturkorken und bieten Winzern eine gute Alternative als Verschluss für Tischweine an.

Als dritte Korkenvariante findest du Presskorken plus Scheibchen aus Naturkork aufgesetzt. Dazu werden kürzere Presskorken produziert und mit 3-4 Millimeter dünnen Scheiben von Naturkorken abgeschnitten, veredelt. Diese Korken eignen sich hervorragend für Weine, die erst im Barrique gelagert danach in der Flasche nachreifen, bevor sie auf den Markt gelangen. Apropos: Mit Doppel-dicken Presskorken verschließt man Perlwein, denn Presskork hält dem Druck durch Kohlensäure wacker stand.

Weinkorken

Mit Naturkorken verschlossene Weine leben durch bewusst erzielte Mikrobelüftung weiter, will heißen, der Wein reift in der Flasche fort, die sogenannten Flaschenreife, und bewahrt sich seinen individuellen Geschmack. 

Vielleicht passen Kork und Wein deswegen so gut zusammen. Jeder Korken ist schließlich ein Einzelstück. Kein einziger gleicht dem anderen, so wie auch keine einzige Weinsorte der anderen gleicht. Korken und Wein - tatsächlich also - zwei Seelen in einer Flasche.

Unter Korkeichen picknicken Portugiesen jedenfalls am liebsten. Schinken, Käse, frisches Brot, Olivenöl zum Eintunken, eingelegte Oliven, Würfelsalat, und Sandwiches mit Dosenfisch und knackiger Tomate, Paprika und Gurke aufgepeppt, fehlen gewiss in keinem Picknickkorb, genauso wenig wie eine Kühlbox mit Eiswürfeln und darin nebst Trinkwasser - natürlich, Wein. Und natürlich ist es der klassische Sommerwein Portugals: Grüner Wein. Und hier am liebsten der bekannte und beliebte, international preisgekrönte Klassiker aus dem Hause SOALHEIRO, den frisch in die Flasche abgefüllten 2024 Soalheiro Alvarinho. Die, für die auf Kieshaltigem Terroir gewachsene Rebe charakteristisch fein austarierte mineralhaltige Note des Weins, verbindet sich auf der Zunge mit edlen Zitrusnuancen und rollt im Abgang trocken am Gaumen entlang. Schluck für Schluck Hochgenuss zu allem, was ihr Feines in euren Picknickkorb packt. Zum Beispiel Olivenpaste, Mini-Toasts, und deliziöse Fischkonserven aus dem Vinho Bar Feinkost-Sujet – dazu einen knackigen Sommersalat.

Möge der Sommer kommen!

Rezeptbild: Sommersalat auf einem weißen Teller auf einem Tisch mit Sonnenblumen in einer Vase und einem halb gefüllten Weißweinglas. Dazu eine Falsche Soalheiro Classic 2024

REZEPT SOMMERSALAT:

Zutaten:
1 Bund Brunnenkresse, 1 reife Avocado, 1 Galia Melone, 1 Chantarene Melone, 2 reife Pfirsiche, 2 x Hähnchenbrust, geröstet Sonnenblumenkerne, 1 rote Zwiebel, frischer Koriander

Zubereitung:

  • Die Hähnchenbrust reibst du ein mit einem Gewürzgemisch aus Salz, Pfeffer, Masala-Curry, Kreuzkümmel, und sautierst das Fleisch auf kleiner Flamme in der Pfanne mit Sesamöl und Deckel aufgesetzt gar. Anschließend schneidest du es in dünne Scheiben und lässt das Fleisch kalt werden.
  • Aus den beiden Melonen hebst du mit einem Kugellöffel Kugeln aus, wenn du keinen hast, macht nichts, dann schneidest du das ausgelöste Melonenfleisch erst in Viertel und dann in Stücke.
  • Die Avocado halbierst du längst, drehst die Hälften gegeneinander und hebst den Kern aus. Mit einem Löffel hebst du die gesamte Frucht aus der Schale und schneidest sie in Stücke. Achtung! Die Avocado mit Zitronensaft beträufeln, sonst wird sie bis zum Verzehr braun und verliert ihre schöne grüne Farbe.
  • Die Pfirsiche schälst du mit dem Sparschäler und schneidest um den Stein herum kleine Schiffchen ab. Übrig bleibt der Stein.
  • Die Brunnenkresse gegebenenfalls von den Wurzeln befreien, waschen, abtropfen lassen und in nicht allzu feine Streifen schneiden.
  • 1 rote Zwiebel in feine Halbmondscheiben schneiden
  • 1 Bund frischen Koriander grob in Streifen schneiden, den streust du erst ganz zum Schluss auf, damit er sich nicht voll Flüssigkeit saugt und labberig wird.
  • In einer Glasschüssel mischst du jetzt die Brunnenkresse mit den Früchten, Avocado und den Hähnchenscheiben.
  • In einem leeren Marmeladenglas gibst du 2 Essl. Olivenöl, 1 Essl. Balsamico Balm, 1 TL Honig, Salz, Pfeffer, 1 Prise Kreuzkümmel, und schüttelst das Ganze durch. Im Glas transportierst du das Dressing prima und mischst es erst kurz vor dem Verzehr in den Salat.
  • Das Salatgemisch in einen Transport-Behälter geben, Sonnenblumenkerne und Koriander aufstreuen, fertig.

TIPP: Du kannst das Hähnchenfleisch gerne gegen Feta oder Tofu tauschen.

Fotos: Titelbild und Korken Canva, Rezeptbild KI

Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?

Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com


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