Die Quinta de la Rosa in Pinhão im Weinanbaugebiet im Hohen Tal des Douro zählt zu den exponiertesten Lagen der gesamten Region und überrascht mit immer neuen Kreationen selbst Kennerzungen - und aktuell mit einer Rarität…
Im Hohen Tal des Douro nahe der Kleinstadt Pinhão dehnen sich am nördlichen Flussufer in Steilhanglagen durchzogen von schattigen Auen, die insgesamt 62 Hektar Weinanbaufläche der »Quinta de la Rosa« vom Douro bis zu den 500 Meter höher gelegenen Gipfeln aus. Eine Hanglage sticht besonders hervor. Meterhohe Mauern aus Schiefersteinplatten stützen die einzelnen Anbauterrassen ab, damit das Gelände während der Wintermonate bei Starkregen nicht abrutschen kann. Dieser Weinberg ist ein echter Methusalem und schon vor dem Ersten Weltkrieg angelegt. Er heißt Tal zur Hölle - »Vale do Inferno«.
Eine echte Ikone! Keine andere Lage präsentiert sich mit derart hoch gestapelten Terrassen. Zudem ein Identitätsmerkmal im Douro-Tal, wo es im Winter acht Monate lang eisig wie im Eiskeller bleibt – im Sommer vier Monate lang heiß wie im Hochofen. Das Wetter ist höllisch, sagen die Ansässigen – und genauso höllisch anstrengend ist bei der Steigung die Weinlese.
Die beginnt traditionell Anfang/Mitte September. Erntehelfer kommen von überallher und pflücken die Dolden zu Fuß unterwegs mit Eimer oder Korb am Arm. Die Lese passiert wie eh und je von Hand. Pflückerinnen und Pflücker klettern im wahrsten Sinne des Wortes die Steilhänge hinauf und schreiten patamar für patamar ab, das sind die engen, mühselig horizontal angelegten Reihen zwischen den Stöcken, und kappen die Dolden mittels Rebenschere. Dabei sortieren sie sogleich vertrocknete oder von Vögeln angepickte oder schon überreife Weinbeeren aus. Die Früchte werden erst in den Korb oder Eimer und anschließend in größere Transportkisten gebettet.
Traditionell beginnt die Ernte mit den Grünen Trauben für Weißwein, setzt sich fort mit den Rotweintrauben für rote Tischweine und endet bei der Lese der Trauben für die Portweinproduktion. Nach der zweiten Sortierung in der Adega, werden alle Trauben entstielt, außer die für Portwein. Anschließend gelangen Weißweintrauben in die Presse und von dort weiter in Tanks aus Inox. Rotweintrauben für Jahrgangsweine ebenso. Für Reserva-Weine fallen die Trauben sanft angepresst zerplatzt direkt durch ein Gitter in den Lagar. Das ist ein Knietiefes Becken aus Granit.
Als nächstes sind Jungen und Mädchen mit kräftiger Wadenmuskulatur und guter Kondition dran. Barfuß steigen sie Arm in Arm in den steinernen Bottich und treten die Trauben mehrere Stunden lang zu Brei. Weder schnell noch langsam, aber rhythmisch und nicht selten mit Weinlese-Schlagermusik Berieselung.
Und wie, fragst du dich nun, wird ein leichter alkoholreduzierter Rotwein aus sogenannten schweren zuckerreichen Trauben gewonnen? Nämlich aus der »Touriga Nacional« Rebe, die autochthon ursprünglich aus dem Dão-Tal Portugals stammt und nach einigen Experimenten seit etlichen Jahren gut am Douro gedeiht. Kugelrund, fast wie ein Stillleben muten die üppig geordneten, kräftig lila-blau matt schimmernden Dolden an, deren Beeren köstlich mineralisch nach Waldbeeren duften und schmecken.
Das Schicksal hat den Önologen Jorge Moreira zu dieser aktuellen Innovation in limitierter Auflage von bloß 2000 Flaschen inspiriert. Der extrem trockenheiße Sommer 2022 hat dem Familienunternehmen im legendären Tal zur Hölle die Weinlese durch unregelmäßig gereifte Trauben extrem erschwert. Die Beeren konnten nicht ihre normal der »Touriga Nacional« entsprechend elegante Süße erreichen, ohne bereits am Strauch zu gären. Da war Guter Rat teuer, aber Jorge Moreira fand eine Lösung: Die Beeren wurden noch teilweise unreif gepflückt und wie gewohnt sortiert, entstielt, erst sanft gepresst und anschließend im Becken zu Brei getreten. Der fehlende natürliche Fruchtzuckergehalt sorgte somit auf gänzlich natürliche Weise für einen niedrigeren Alkoholgehalt – aber zur Überraschung und Freude aller auf dem Weingut, für ein aufregend andersartiges Bouquet.
Voilá. Ein leichter Roter Spätsommerwein und gleichzeitig eine begehrte Rarität, der sofort seinen Weg in die Vinho Bar gefunden hat. Nach fünfzehn Monaten Reiferuhe in französischen Eichenholzfässern rollt »La Rosa Leve« dir durchscheinend granatrot und mit belebender Frische über die Zunge. Das Bouquet betört mit blumiger Note, das Aroma blättert sich mit subtilen Akzenten nach Kirsche und Himbeere im Abgang auf. Ein feines Tröpfchen, womit du bei deinen Gästen in jedem Fall für eine leichte Überraschung aus schweren Trauben sorgen wirst.
»La Rosa Leve« kam in Begleitung mit zwei weiteren ganz anders eindrucksvollen »Quinta de la Rosa« Rotweinen neu ins Sortiment der Vinho Bar an. Die zwei Neuen stammen aus der Weinlese 2020. Im Vergleich zu der oben beschriebenen schwierigen 2022 Lese, mussten sich die Pflückerinnen und Pflücker im Spätsommer 2020 unglaublich beeilen alle Trauben so rasch wie möglich zu ernten, denn der Sommer hatte früher begonnen und im Juni noch von begrüßenswerten sanften Regenschauern begleitet. Das sorgte für regelrechte Frühreife bei allen Trauben und Lagen.
„Es war die schnellste Ernte jemals. Bis zum 15. September lagerten bereits alle Trauben zum Sortieren bereit im Weinkeller. Das Team hat Übermenschliches geleistet. Somit waren vollmundig samtig duftende und am Gaumen schmelzende Rotweine vorprogrammiert“, blickt Önologe Jorge Moreira zurück.
Önologisch betrachtet im allerbesten Moment geerntet, beschert dir die „eilige“ Weinlese von 2020 gleich zwei ausgezeichnete Jahrgangs-Monovarianten-Weine. »Touriga Franca 2020« und »Touriga Nacional 2020«.
Beide haben erst in Inox-Tank gegärt und anschließend zwanzig Monate in französischen Eichenholzfässern geruht. Gereift sind zwei fein akzentuierte Rote mit großen Bouquet, komplexen Aromen und langem Abgang. Freu dich beim »Touriga Nacional« auf ein kräftig blumiges Bouquet nach Veilchen, dahinter erwarten dich Geschmacksnuancen von Röstaromen die entfernt an Lakritz erinnern. Der »Touriga Franca« besticht durch seine lebendige an frisch gepflückte Brombeeren erinnernde feine Säure mit einem Hauch würziger Pfeffer Note. Im Abgang erst entfalten sich die natürlich enthaltenen Tannine beider Traubensorten.
Deswegen mein persönlicher Tipp: Genieße alle drei Rotweine dekantiert und zu einem guten Buch – allein – oder verliebt im Kerzenschein zu zweit und gerne mit kurz gebratenem Filet und Pfefferrahm.
Apropos: Damit die Reben im Tal zur Hölle auch künftig solche höllisch exzellent abwechslungsreichen Tropfen hervorbringt, wird jedes Jahr im Winter Klee gesät, der den Boden mit Stickstoff versorgt. Im Dreijahres-Takt werden zudem die engen Gänge zwischen den Rebstöcken zwecks Belüftung des Erdreiches geeggt. Wie anno dazumal: mit Mann und Muli.
Vorschau auf den nächsten Artikel:
Während am Douro die Weinlese im Steilhang stattfindet, ernten die Weinbauern im Alentejo ihre Trauben größtenteils nachts. Da gehen wir gedanklich mit und erfahren warum und was danach passiert...
REZEPT: Verliebt mit Filet Mignon
Zutaten und Vorbereitung
- 400 g Filet Mignon rundherum mit Salz und Pfeffer würzen und mit mittelscharfen Senf einreiben. Den Mignonzipfel klappst du unter, damit die Filetrolle gelichmäßig dick ist.
- 2 TL grüner Pfeffer aus dem Glas ohne Flüssigkeit
- Kalte ungesalzene Butter
- Schmalz
- 100 ml Kochsahne
- 2 Eßl. Portwein
- 200 g Pfifferlinge / oder rosé Champignons, putzen, in Stücke oder in Scheiben schneiden waschen, abtropfen lassen
- 1 Zwiebel fein würfeln
- 1 Sträußchen krause Petersilie feinwiegen
- Kräuterbutterbaguette aufbacken
- 1 Kopf Blattsalat nach Gusto anrichten
Zubereitung
- Stelle bitte zwei Pfannen bereit
- In der einen schwitzt du in einer Mischung aus 1 TL Schmalz und 1 TL Butter die Zwiebelwürfel glasig und gibst die geputzten und in Stücke geschnittenen Pfifferlinge oder Champignons dazu. Würzen mit Salz. Pilze und Zwiebel hin und her schwenken, bis die Pilze bissfest gegart sind. ½ Petersilie einstreuen. Pfanne beiseitestellen.
- In der zweiten Pfanne erhitzt du 1 Essl- Schmalz und brätst das Mignon scharf und gleichmäßig von allen Seiten an bis sich alle Poren geschlossen haben und bettest das Fleisch um in eine gut vorgewärmte feuerfeste kleine Auflaufform. Bitte mit Alufolie bedecken, damit das Fleisch ruhen kann und noch nachzieht. So bleibt es außen rösch und innen rosa.
- Im verbliebenen Bratensaft zerlässt du am Boden der Pfanne ein gut bemessenes Stück Butter auf eine Gabel gespießt. Obacht. Temperatur drosseln, die Butter soll schmelzen und nicht bräunen.
- In die zerlassene Butter gibst du den Portwein und rührst mit einem Holzlöffel alles glatt, bedeutet, bis alle miteinander emulgiert, erst dann gibst du den Pfeffer und die Sahne dazu und rührst alles zu einem cremigen Rahm. Nimm die Pfanne vom Herd und schmecke die Sauce nach Gusto mit Salz und eventuell etwas Senf nach.
- Als nächstes vermengst du Pilze und Sauce miteinander und streust die restliche Petersilie obenauf.
- Salat und ofenwarmes Kräuterbutterbaguette stehen bereits bereit.
- Euer Lieblingswein ist geöffnet und dekantiert.
- Auf einer Anrichteplatte schneidest du im Schrägschnitt das Mignon in vier bis sechs gleichdicke Scheiben.
- Den Pilz Rahm servierst du separat in einer Terrine als Beispiel, damit der Fleischsaft nicht in die Sauce läuft.
Bom apetite!
Fotos: Quinta de la Rosa, Canva
Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?
Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com