
Die Weinlese in Portugal ist abgeschlossen. Herbst zieht ein und malt das Weinlaub mit seinen Feuer-Farben an. Die Arbeit im Weingarten ruht. Oder etwa nicht?
Sorgfältigst alle Trauben geerntet und gelesen, gärt nun der Most in Ruhe vor sich hin. Man könnte meinen, Winzer und ihre Teams würden sich nun von der anstrengenden Erntearbeit ausruhen. Weit gefehlt, denn guter Wein entsteht nicht von allein, sein Most möchte Pflege und Hege - und manchmal sogar Musik.
Nach der Lese werden die Trauben entweder gepresst oder wie im Vinho Blog "Die Weinlese" traditionell mit blanken Füßen gestampft, damit die Früchte platzen. Traubensaft und Fruchtfleisch fangen an zu fermentieren. Fruchtzucker wandelt sich während der Gärungsphase in Alkohol. Häutchen, Stiele und Kerne geben dem entstehenden Most Geschmack und Farbe.
Der Most fermentiert nach der Presse - oder Stampfen – von allein weiter. Dazu wird jede Rebsorte in ein eigenes Gefäß gefüllt. Die Beschaffenheit der Gärgefäße richtet sich nach der Traubensorte und nach dem Endprodukt Wein. Das Betonei eignet sich am besten für Weißweine, Holzfässer für den Barriqueausbau für Rotweine und Schaumweine.
Weintrauben mit Haut und Stiel für Tischweine gären meistens in kühlbaren voluminösen Edelstahltanks. Nachdem die Gärung abgeschlossen ist, wird der Wein in einen anderen Tank umgeleitet und die Maische ausgesiebt. Der Wein reift nun in dem zweiten Tank weiter, bevor er zu gegebener Zeit in Flaschen abgefüllt wird.
Der Zeitpunkt für das Umleiten und Absieben will so perfekt wie möglich bestimmt werden. Die Önologen prüfen hierfür jeden einzelnen Tank, entnehmen Mostproben und messen im Most die Gärtemperatur. Steigt die Temperatur, sorgt ein digitaler Sensor für Wärmeableitung.
Die Temperatur während des Gärungsprozesses beeinflusst das spätere Bouquet des Weins maßgeblich. Je nach Rebsorte prägt die Temperatur bereits in diesem Stadium die späteren olfaktorischen Nuancen nach Ester wie Apfel oder Aprikose, Terpene wie Rose und Zitrusfrucht, Thiole, wie Cassis oder Quitte sowie nach sogenannten Norisoprenoiden, das sind reifere Noten nach Honig oder Holz.
Ester prägt die Frucht für Weißweine bei 12-18°C. Terpene setzen zwischen 16-18°C natürliche Hefen frei und sorgen für eine Blume im Wein. Thiole sind wichtig für die Gärung säurebetonter weißen Rebsorten und Norisoprenoide prägen die Fermentierung von Rotweintrauben.
Erfahrene Önologen wissen um die Alchemie der Gärtemperaturskala. Sie kennen die Eigenwilligkeiten aller Rebsorten und erkennen bis auf ein halbes Grad genau, wann welche Traubensorte ihre natürliche Fermentation abgeschlossen hat. Grundsätzlich gilt: Zu Beginn steigt die Temperatur und im Laufe der Fermentierung sinkt sie. Deswegen sorgen Önologen aufs penibelste dafür, dass exakt die jeweils für die Traubensorte passende Temperatur für das Unterbrechen der Gärung gewährleistet wird. Nur so bleiben dem werdenden Wein sämtliche Aromen erhalten, die sich der Weinmagier wünscht, möchte er den Eigengeschmack der Rebsorte zusatzfrei konkretisieren plus die charakteristische Eigenschaft des jeweiligen Terroirs im Wein wachkitzeln. Auf diese Weise kreieren Önologen Rebsorten spezifiziert, Frucht, Säure und Blume im Wein, und vermählen diese Geschmacks- und Geruchsspektren mit der im Most enthaltenen natürlichen Mineralität der Böden, auf denen die Weinstöcke wachsen.
In der Praxis bedeutet das: ständige Kontrolle. Die bei Edelstahltanks sensorisch und digital überwacht unterstützt wird. Aber, fragst du, wie funktioniert das in anderen Gärgefäßen?
Genauso - bloß händisch. Önologen kontrollieren den Most und seine Temperatur täglich wieder. Im Holzfass, im Betonei im Bottich aus Tonerde. Anhand der Temperatur ermitteln sie den idealen Zeitpunkt der Gärunterbrechung und damit zum Umfüllen des Mosts und Absieben der Maische.
Der Gärungsprozess dauert Pi mal Daumen für jede Rebsorte anders lang, von bloß wenigen Tagen bis mehrere Wochen. Bis dahin muss in den Gärfässern, im Betonei, oder in den irdenen Bottichen die Maische von Hand umgerührt werden, denn durch die entstehende Wärme entwickeln sich Gasblasen im Most. Damit der Most gleichmäßig fermentieren kann und gleichmäßig Geschmack annehmen, ist es notwendig, die Gase mittels Rühren abzulassen.
In traditionellen Ton-Kübeln oder Amphoren schwimmt die Maische sogar sichtbar obenauf und wird mittels Holzstab vorsichtig untergehoben. Im Betonei oder Edelstahlei wird die Maische entweder von Hand oder per Pumpe behutsam gerührt, auch „Spinning“ genannt. Moderne Kellereien verfügen zudem über „Spinning“ Holzfässer, wo das Fass mechanisch bewegt wird, um die tägliche Handarbeit zu erleichtern. Pfiffige Winzer setzen vermehrt auf Tradition plus Technik. Beides ist möglich und beide Verfahren bringen exquisite Tropfen hervor.
Du siehst also, Winzer, Önologen und alle anderen im Team auf dem Weingut sind zwar von außen betrachtet „unsichtbar“, weil sie den gesamten Tag lang in der Adega und im Fasslager beschäftigt sind, aber Nachlese ist genauso wichtig wie die Lese als solche.
Was in der Tat ruht, ist der Weinberg. Er macht sich bereit für den Winterschlaf. Die Stöcke stellen ihre Arbeit ein. Das Weinlaub fällt herab, verwelkt und kompostiert durch Regen und Bodenfrost und gibt dem Terroir Nährstoffe zurück. Sobald der Winter dem anbrechenden Frühling weicht, erwacht der Weinstock zu neuem Leben und wird von den Weinbauern wie im Vinho Blog Der Weinberg hält Winterschlaf beschrieben, beschnitten, gestutzt und getrimmt auf die neue Saison vorbereitet.
Jeder Weinberg ist ein in sich geschlossen funktionierendes Biotop bestehend aus Boden, Flora, Fauna und Mensch. Der Weinbau ist ein nachhaltiger Prozess, der von innovativen Winzern fein austariert respektiert und hochtechnisch, aber umweltfreundlich unterstützt wird.
Im Süden Portugals im Alentejo auf dem 4440 Hektar großen Areal der »Herdade Paço do Conde«, legt man von jeher allergrößte Sorgfalt auf Diversität in der Agrokultur. Lediglich 260 Hektar groß ist der Weingarten des mit dem Gütesiegel für Nachhaltige Weinproduktion ausgezeichnete Weingut. Über 2000 Hektar nimmt der Olivenbaumbestand ein, aus dessen Früchten das köstliche in der Feinkostabteilung der Vinho Bar angebotene kaltgepresste Virgen Olivenöl »Herdade Paço do Conde« sowie bald wieder das frische 2025 Gourmet-Tisch-Olivenöl »Extra Virgen Special Selection« aus der jetzt anstehenden Ernte gewonnen wird.
Der Familienbetrieb Ferrão Castelo Branco und Castelo Branco Schmidt funktioniert mittlerweile insgesamt nachhaltig - und autonom. Ein eigener Solarzellenpark sorgt für genügend Elektrizität für sämtliche Pumpen für das Bewässerungssystem und für Strom in der Adega sowie im Haupthaus. Zwanzig eigens angelegte kleinere Stauseen auf dem Gelände westlich des Guadiana Flusses, sorgen als Auffangbecken von Regenwasser für Bewässerung und für ausreichend Trinkwasser für die Weide- und Wildtiere auf der Herdade. Eine mit selbsterzeugtem Strom funktionierende Wasseraufbereitungsanlage beschert eine Zweifachverwendung des Brauchwassers und verringert drastisch die Menge an Abwasser. Sonnenblumenfelder garantieren gemeinsam mit anderen Pflanzflächen mit Rosmarin und Blumen für einen gleichbleibend gesunden Bienenvölkerbestand für die Bestäubung im Weinberg, im Olivenhain und auf den restlichen Anbauflächen. Die Bienen liefern ihrerseits Honig, und bescheren dem Warenangebot noch ein nachhaltiges „Nebenprodukt“.
Fehlt nur noch wie seit 1928 seit Gründung des Unternehmens »Sociedade Agricultor Paço do Conde« auf dem Landwirtschaftlichen Großbetrieb üblich, der »Cante Alentejano«. Der seit 2014 von der UNESCO Kommission zum immateriellen Weltkulturerbe erhobene Alentejanische Hirten-Kanon-Gesang wird in der Familie Ferrão Castelo Branco weiterhin hochgehalten. Von Anbeginn an pflegte man auf der Herdade das Liedgut im Chor mit Gitarre oder Akkordeon begleitet bei ordentlichen Vespern im Fasskeller gesungen. Wie es die Tradition der Familie verlangt, passiert auch heute nach jeder Weinlese das Allerwichtigste: Das Zusammensein des gesamten Teams bei Brot, Olivenöl, Oliven, Käse, Schinken, Hausmacherwurst und Wein. Natürlich im Fasskeller - und mit Musik und Gesang.
Die bald hundertjährige musikalische Familientradition im Weinkeller setzt sich also fort, nicht zuletzt mit vier Musikanten bis auf das Etikett des granatroten Klassischen Hausweins »Herdade Paço do Conde«. Ein waschechter Alentejanischer Roter aus der Lage 2022, der vom ganzheitlichen Wissen des Önologen Rui Reguinga profitiert. Vier lokale Rebsorten, Aragonês, Syrah, Alicante Bouschet, Touriga Nacional, natürlich gegärt und ausgereift zur Assemblage vermählt, bringen dir die Mineralität aus den irden Kalksandsteinhaltigen warmen Böden bis in den Mund, dazu den Duft einer Wildkräuterwiese nach einem Regenschauer und im Abgang die sonnige Wucht aus Portugals Süden. Mehr Weinwissen und Sonne im Glas gibt es selten. Du siehst, die Arbeit im Weingarten ruht im Prinzip keinen einzigen Tag.
Zum Wein der „Musikanten“ »Herdade Paço do Conde« schmecken würzige Käsesorten, geröstete Salzmandeln ohne Schale und weil es gerade Herbst ist – sehr gut gefüllte und überbackene Champignonköpfe mit Feldsalat und Granatapfelkernen.
Beim Kochen bitte das Singen nicht vergessen.

REZEPT: überbackene Champignonköpfe mit Feldsalat und Granatapfelkernen
ZUTATEN:
- Pro Person 1-2 große 4 mittelgroße Champignonköpfe, gerne rosé Champignon
- 1 Zwiebel fein gewürfelt
- 100 g geräucherter Speck fein gewürfelt
- 2 mehlig kochende große Kartoffeln, schälen, in Salzwasser kochen, abgießen und mit der Gabel zerdrücken
- 1 Essl. Sahne
- 150 g fein geriebener Käse, es kann Parmesankäse sein oder ein würziger Gouda oder Cheddar.
- Glatte Petersilie waschen, abtupfen, feinhacken
ZUBEREITUNG:
- Die Champignonköpfe höhlst du am besten mit einem Melonenkugelmesser aus, hast du keines, nimmst du einen Eierlöffel und hebst damit den Stiel und die Lamellen aus dem Pilz Hut und schnippelst den Pilz Fuß klein. Die Lamellen können weg.
- In einer Pfanne glasierst du Zwiebelstückchen und Speck in Butter, würzt mit Pfeffer aus der Mühle, mengst die Pilzfußwürfel unter und vermengt alles mit der zerdrückten Kartoffel und dem Essl. Sahne zu einer sämigen Masse.
- Mit dieser Masse befüllst du die ausgehöhlten Pilzhütchen, setzt sie befüllt auf ein Backbleck mit Backpapier oder in eine ofenfeste Form nebeneinander und bestreust sie üppig mit geriebenem Käse.
- Die Pilze benötigen je nach Größe im vorgeheizten Ofen mit Umluft zwischen 15 und 22 Minuten zum Garen und nochmals 3-5 Minuten mit Oberhitze zum rösch werden auf der Käsekruste. Zum Servieren bestreust du die gratinierten Champignonköpfe mit Petersilie.
- Dazu schmeckt Butterreis oder Baguette als Beilage.
SALAT:
- 400 g Feldsalat putzen, waschen, abtropfen lassen.
- 1 rote Zwiebel fein würfeln.
- Die Kerne aus einem Granatapfel auslösen. Hierfür empfehle ich zwei Tricks: 1. Den Granatapfel horizontal halbieren und die Kerne mittels Teelöffel zwischen der Häutchen hervorpuhlen. ODER 2. Den Granatapfel vierteln, die Schale mit Daumen und Zeigefinger auf „links“ drehen, so lösen sich die Kerne leicht ab und du kannst die Häutchen mit der Pinzette heraussammeln. ACHTUNG: Granatapfelsaft frisst sich hartnäckig in Gewebe, auf Marmor, und andere Oberflächen. Deswegen mit Schürze und Küchenkrepp arbeiteten – oder im Supermarkt ein Päckchen bereits ausgelöste Kerne kaufen.
1 Salatgurke schälen und in feine Würfel schneiden. - Feldsalatblätter, Zwiebelwürfel, Gurkenwürfel und Granatapfelkerne in einer Schüssel mischen und kalt stellen.
DRESSING:
- 2 Essl. Virgen Olivenöl »Herdade Paço do Conde« aus der Feinkost Vinho Bar
- 2 Essl. Flüssiger Honig
- ½ TL Rotweinessig »Herdade Paço do Conde« aus der Feinkost Vinho Bar
- Nach Gusto Prisen Salzblüte Flor de Sal aus der Feinkost Vinho Bar
- Zu einem glatten Dressing mit kleinem Schneebesen verrühren und kurz vor dem Servieren über den Salat träufeln.
Bom proveito! Lasst es euch schmecken.
Fotos: Herdade Paço do Conde, Canva, KI
Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?
Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com