Vom Ehrgefühl, ein Dão Winzer zu sein

Bild der Quinta de Saes, idyllische Landschaft mit Rebstöcken, einem Baum im Vordergrund. Im Hintergrund das weiße Gebäude mit rotem Dach des Weingutes.

Ein Wein ist ein Wein ist ein Wein, lerne ich bei einem Winetasting in der vergangenen Woche privat für einige Tage unterwegs weiter südlich in Portugal, in der Weinlandschaft des Alentejo. Präzise gesagt, in Évora, im »Centro Vinho Regional Alentejo«. Wir schreiben die Woche des 11. November, der in christlichen Ländern als Martinstag bekannt ist. In deutschen Gefilden kommt eine Martinsgans auf den Tisch und in Portugal werden Maronen geröstet und dazu frisch gekelterter Wein getrunken.

»Magusto« heißt die dörfliche Zusammenkunft am Hauptplatz, wo in einer Feuerstelle auf einem Rost ausgebreitet frisch gepflückte Ess-Kastanien in Schale ausgebreitet liegen. Unter dem Rost liegt jede Menge Reisig aufgehäuft. Alle Leute schauen zu und ihre Gesichter und Augen strahlen, wenn der Feuerwächter kommt und zündelt, bis es knistert, kracht, und ordentlich Flammen schlägt.

Die Flamme fällt genauso schnell wieder zusammen wie aufgestanden und auf dem Rost liegen die röschen Kastaniennüsse. Nach und nach sammeln alle Maronen in die hohle Hand und unter viel »oh« und »ah« pult man die glutheiße Schale ab und genießt das köstlich gebrannte Nussfleisch. Der Wein dazu ist weder ein Cuvée noch ein Reserva, er ist frisch, meistens von Füßen zum Most getreten, und wird kühl in dickwandigen Wassergläsern serviert. Autochthone Traubensorten wie früher manuell zu Wein fermentiert, explodieren auf der Zunge, fruchtig, mit feiner Säure und samten im Abgang. Ein Wein ist ein Wein ist ein Wein. Wer es süßer mag, nippt »Jeropiga«, ein traditionelles Weingetränk aus Most mit Weinbrand versetzt, oder água-pé, eine Mischung auf Hefebrand und Weinbrand.

Straßenszene aus Portogal: Menschen rösten Maronen auf der Straße in einem großen Feuer und sammeln sie später aus der Röstschale auf.

Warum erzähle ich das alles, wo du doch mehr über die Weinregion Dão lesen möchtest? Bei jenem Winetasting wurden zwei Produkteure, ein kommerzieller Großbetrieb und ein kleiner privater Winzer vorgestellt. Der Großbetrieb produziert Cuvés und mischt den autochthonen Trauben andere Sorten hinzu, um den Geschmack der Kunden zu treffen und um große Kapazitäten in den Weltmarkt einzuschleusen. Man nennt diese Weine in Portugal »Gastronomische Weine«, man trinkt sie zum Essen. Allein für sich probiert, können sie neben Weinen von Privatwinzern aus kleinen Lagen geschmacklich kaum bestehen, denn die keltern für das Prestige. Schon beim Lüften entfalten ihre Weine ihr aromatisches Bouquet - gänzlich ohne Speisebegleiter.

Prestigeweine beginnen beim Einfach-Wein zur Marone, der sich auffaltet, als wäre er ein „Großer“ langgereifter, und hört auf bei den Lagen, deren Winzer präferiert Liebhabernischen für besondere, für exzentrische, für aufregend überraschend schmeckende Tropfen füllen. Dabei legt die Gilde natürlich großen Wert auf das alchemistische Knowhow im Labor, doch noch wesentlich mehr Wert auf die natürliche Kraft der Rebstöcke, die alles aus dem Terroir an Mineralstoffen, Steinsalzen, Wasser und Muttererde durch ihre Wurzeln in die Trauben leiten.

In jedem Schluck unserer Weine kosen die Aromen der von der Sonne geküssten Trauben, die der mineralreichen Erde und die Kühle der beiden Flüsse Mondego und Dão streicheln die Zunge, fasst der Weingutbesitzer Álvaro de Castro die Besonderheit der Region Dão in der Sparte Firmenphilosophie zusammen und offenbart sogleich seine tiefe Verbundenheit mit seiner Heimat. Für ihn bedeutet die Weinproduktion mehr als „nur“ ein Geschäft, was es selbstverständlich sein muss, damit seine Mitarbeiter nachhaltig entlohnt werden können, ihm bedeutet Weinanbau die Aufrechthaltung zwischen Heute und der Vergangenheit. Weinanbau ehrt die Toten und die Lebenden. Dem muss man als Erbe Rechnung tragen.

Bilder von der Quinta de Saes

In der Tat ein gewichtiges Erbe: Im Jahr 2027 schaut die »Quinta da Pellada« in der Gemeinde Pinhanços im nördlichen Windschatten des Gebirgszuges »Serra de Estrela« im östlichen Dão gelegen, auf 500 Jahre Weinanbaugeschichte zurück, als man die Lehnherrschaft noch mit Weinfässern als Steuer bezahlt hat. Seit 1980 kümmert sich Senhor Álvaro um das Wohl der Rebstöcke rund um das Landgut verteilt und begann alsbald eigene Weine zu keltern, anstatt wie in den Jahrzehnten zuvor üblich gewesen, den jährlichen Ertrag der Weinlese en gros an kommerzielle Erzeuger zu verkaufen.

Es war höchste Zeit, die Region Dão wieder zu dem zu erheben, was sie ist, nämlich ein Anbaugebiet für Exzellenz und Güte, befand Senhor Álvaro und krempelte gemeinsam mit seiner Tochter die Ärmel hoch, um eine Dão Prestige Marke zu etablieren. Mit dieser visionären Entscheidung setzte Senhor Álvaro einen Wegweiser mitten in das sogenannte Burgund Portugals. Die Zukunft heißt Qualität, stand darauf geschrieben. Ein echter Pionier-Auftrag. Sein unternehmerischer Mut machte Schule. Im Laufe der folgenden Jahre setzten immer mehr Produkteure auf Klasse – statt auf Masse – und produzieren seither aufregend anders mundende Weine von großer Eleganz und lokaltypischer Extravaganz, eine durchaus lukrative Mischung, denn die Weine haben ihren der Qualität angemessenen Preis.

Geschenkt hat ihm niemand etwas, weder Wissen noch Einfühlungsvermögen, zieht Senhor Álvaro auf der Homepage der »Quinta da Pellada« Revue. Allein seine Hingabe zur Natur und zum Wein half dem Bau-Ingenieur Winzer zu werden. Die Natur lässt sich nicht beeinflussen, sie diktiert. So lernte er die geerbten und neu gesetzte Rebstöcke kennen und passte den Weinanbauzyklus auf seiner Quinta den Eigenheiten des Terroir und den Rebsorten an. Ein simples Konzept, das zwischen Altem Wissen und Neuer Technologie im Laufe der Jahre perfektioniert ausgeklügelt, zu der von ihm visionierten Prestigemarke geführt hat.

Zur »Quinta da Pellada« gehört auch die Lage »Quinta de Saes«. Eine auf höchsten Qualitätsanspruch fokussierte Marke, die bemerkenswert geschmacklich klar definierte Weine hervorbringt. So wie das Mutterhaus verwertet auch die »Quinta de Saes« konsequent autochthone Rebsorten und komponiert feine Cuvés zu Rotwein (Alfrocheiro, Touriga Nacional, Jaen und Tinta Roriz«), Weißwein (»Bical, Cerceal-Branco und Encruzado«), und Roséwein (»Alfrocheiro, Tinta Roriz, Jaen und Baga«). Das Aromen-Spektrum des klassischen »Quinta de Saes-Trios« beschert dir somit ein sehr präzises lokaltypisch harmonisches Probiererlebnis zwischen Fruchtnuancen von Beeren, Kirsche und Pflaume, dem granitreichen mineralischem Terroir, sowie dem Extra-Touch wärmende Sonne im Magen.

Vorschau auf den nächsten Artikel:

Die Festtage stehen vor der Tür, du packst liebevoll Geschenke ein, schreibst Grußkarten und überlegst hier und da noch einen feinen Tropfen zu verschenken. Doch welcher Wein passt zu wem? Und woran erkennst du das? Freue dich auf einen kleinen Ausflug durch den Etikettendschungel, auf ein Wort zum Korken in der Flasche und ach ja, die Flasche… selbst die verrät dir so einiges… » (erscheint am 01. Dezember 2023)

Geröstete Maronen in einer großen Pfanne

REZEPT: Geröstete Maronen

Zu selbst gerösteten Maronen servierst de je nach persönlichem Gusto jeden »Quinta de Saes« Wein – doch wie gesagt, der Dão schmeckt auch ganz für sich allein.

Zutaten:

  • 1 Kg frische Maronen mit Schale
  • 1 Tl Meersalz, Prisen Kreuzkümmel, 4 schwarze Pfefferkörner
  • 1 Essl. Zucker, 1 Zimtstange, 2 Nelken, Prisen Anis, ein Streifen Zitronenschale

Zubereitung: 

  • Mit einem scharfen Gemüsemesser ritzt du die Schale an jeder Marone von der Spitze zum Fuß an
  • Als nächstes teilst du die Menge in zwei Hälften
  • In zwei Töpfe verteilt Wasser aufsetzen und zum Kochen bringen.
  • Einmal würzt du das Kochwasser herzhaft mit Salz, Pfefferkörner, und Kreuzkümmel, einmal süß mit Zucker, Zimt, Nelke, Anis und Zitronenschale.
  • In das kochende Wasser gibst du jeweils eine Hälfte der Maronen.
  • Nach ca. 12-14 Minuten Kochzeit sind die Kastanien gar.
  • Du legst ein Geschirrtuch über den Topf und gießt das Wasser ab, die Maronen fest in das Tuch einwickeln.
  • Fünf Minuten später ist der Restdampf verdampft und du kannst die Ess-Kastanien auspuhlen.
  • Du kannst sie sofort zum Wein anbieten, oder du kannst sie auf einem Backblech auf Backpapier ausgebreitet mit Oberhitze rösch rösten oder in der Pfanne in Butter schwenken.
  • Hierzu heizt du den Backofen auf 220° C Umluft mit Oberhitze vor, pinselst die Kastanien mit Butter ein und bestreust die Süßen mit Prisen von braunem Zucker und die Salzigen mit Prisen vom Meersalz.
  • Sobald die Butter Bläschen schlägt, wendest du die Maronen mit dem Bratenschieber und lässt sie weitere 2-4 Minuten rösten.
Weinempfehlung: Zu den salzigen Maronen empfehle ich den Quinta de Saes Tinto, zu den süßen, den Branco. Der Rosé schmeckt zu beiden.


Bom magusto!

(Fotos: Catrin Ponciano, Quinta de Saes, Canva)

Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?

Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com


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