Der Poetische Winzer und seine neuen Charakterweine

Der Poetische Winzer und seine neuen Charakterweine

Den Zahnarzt aus Estremoz kennt im oberen Alentejo jeder. Und das nicht nur wegen seiner Dentalkunst, sondern vor allem wegen seines Faibles, exzellente Weine zu kreieren…

Kennengelernt hast du Miguel Louro und sein Weingut »Quinta do Mouro« bereits im Vinho Bar Blog im Juni 2023. Den Winzer - im Nebenberuf - der von sich selbst behauptet er schreibe zwar keine Poesie, aber er mache poetische Weine. Als Purist kann man ihn betiteln, denn seine Sicht auf die Produktion und den Umgang mit Wein ist überaus eigenwillig - und puristisch. Will heißen, er lässt Rebsorten an Lagen wachsen, die sich am harmonischsten mit dem Terroir vertragen um daraus nicht nur gute, sondern exquisite Weine zu keltern. Hierfür geht Louro neue Wege: nicht er bestimmt welcher Wein aus welchen Trauben reifen soll, sondern das Gelände. Im Klartext bedeutet das er keine Trauben von unterschiedlichen Böden oder Höhenlagen mischt, obwohl es dieselben Rebsorten sind.

Davon erzählen zum Beispiel seine zwei Monovarianten-Weine »Touriga Nacional«, die völlig unterschiedlich schmecken, duften, und klar definierbare Körper aufweisen, wofür unterschiedliche Reifeprozesse verantwortlich sind. Im Prinzip jongliert Louro mit den Sorten auf seinem Weingut so lange, bis unverwechselbare Weine entstehen. Auf große Kapazitäten verzichtet der Zahnarzt. Und zwar bewusst. Dann verringere sich seines Erachtens der Charakter der Trauben. „Ein Wein ist ein Wein ist ein Wein“, lautet sein Motto.

Gelingt ein Jahrgang außergewöhnlich gut gelingt, bezahlen Kunden einen angemessenen Preis dafür, denn Weinkenner anerkennen die Arbeit, die hinter jeder Flasche steckt. Die Balance zwischen Natur, Mensch und Wirtschaftlichkeit zu respektieren sei die größte Herausforderung gewesen, gibt der Visionär zu. Auch ihn habe das viele Jahre Zeit, Geduld und Geld gekostet.

Sein ungewöhnliches Konzept macht sich seit vielen Jahren bereits bezahlt. Das Sujet der »Quinta do Mouro« steht bei Händlern und Kunden ganz hoch im Kurs. Auch in der »Vinho Bar« wurde genau wegen seiner unverwechselbaren Weine à la Louro kürzlich endlich wieder die »Quinta do Mouro« Auslese mit feinen neuen Jahrgängen ergänzt. Kaum war Mitte September die Weinlese 2024 abgeschlossen, gelangen nun erst die Jahrgänge 2019 in den Handel. Du magst dich fragen warum erst jetzt? Louro würde dir antworten: weil der Wein vorher noch nicht so schmecken würde wie er schmecken kann.

Das probieren wir aus: Der »Vinha do Mouro« sei ein Rotwein für jeden Tag. Nach der Lese in Handarbeit aus einer 450 Meter hoch gelegenen Lage, gelangen die Sorten für den anschließenden Blending bestehend aus 40 % »Trincadeira«, 30 % »Aragonez«, 20 % »Alicante Bouschet«,10 % »Cabernet Sauvignon« Trauben erst entstielt und dann in die Presse. In den folgenden drei Tagen wird die Maische in Steinbecken heruntergekühlt und behutsam barfuß gestampft. An Tag vier wird das Fruchtfleisch-Saftgemisch in Inox-Bottiche gefüllt und gärt bei 24-26 °C weiter. Fünfzehn Prozent der Maische ruhen zwölf Monate in neuen portugiesischen Eichenholzfässern, bevor die Assemblage letztlich zusammenfindet, der Wein in Flaschen abgefüllt wird und liegend weiterreift.

»Vinha do Mouro« überrascht mit kräftig würziger Fruchtnote beim ersten Schluck, beim zweiten spürt man die von Louro gewollte zeitlose Eleganz. Das grandiose Preis-Leistungsverhältnis erhebt den »Vinha do Mouro« tatsächlich zum Wein für jeden Tag. Aus der gleichen Lage und der gleichen Traubensortenmischung kreiert Louro einen weiteren Roten mit völlig anderen Charaktereigenschaften: »Zagalos« Granatrot, kräftig würzig mit Aromen aus Wald und Flur. Ein Herbstwein durch und durch mit Duftnoten nach Moos, Harz und Pilzen, dazu gesellt sich ein Hauch Pfefferminze und ein sattes Aroma nach Blaubeeren. Nach drei Tagen Traubentreten gärt die heruntergekühlte Maische in Inox-Bottichen und wird durch Holzsiebe gepresst für ein Jahr in bereits benutzte portugiesische Eichenholzfässer zur Barrique-Reife gefüllt, danach in Flaschen, die weitere drei Jahre liegen bleiben.

Zwei große 2019 Monovarianten Rotweine aus dem Hause »Quinta do Mouro« sind nun auch zum Genuss reif: »Petit Syrah« und »Touriga Nacional«. Die kleinen Beeren »Petit-Syrah« Rebe, ursprünglich aus Frankreich stammend und eher aus einem Unfall aus den Reben »Syrah« und »Peloursin« entstanden, fühlt sich in dem Lehm und Kalkhaltigen und von Marmorstein durchpflügten Terroir rund um Estremoz im oberen Alentejo besonders wohl, denn dort scheint die Sonne das gesamte Jahr. Nach zwölf Monaten in Barrique und drei Jahren Flaschenreife überzeugt der „Kleine“ Syrah mit mineralischen Noten, kräftiger Würze, die an schwarzen Tee erinnert, mit feiner Fruchtnuance nach Pflaume und einem erfrischend blumigen Wildkräuterwiese-Bouquet. Das Jahr im Eichenholz hinterlässt am Gaumen schmelzende Tannine, für die auch der „Große“ Syrah berühmt ist. »Petit-Syrah« ist definitiv ein Roter für besondere Tage und Anlässe.

Den zweiten Roten Monovarianten-Wein »Touriga Nacional« kaufst du in einer schwarzen Flasche ein, die sofort etwas über die Güte des Weins aussagt: er ist lagerfähig. Du lässt ihn wohlgebettet liegen und drehst die Flaschen zum Beispiel jede Woche wie im Weinkeller ein Kellermeister halb um, damit der Korken geschmeidig bleibt und den Wein luftdicht verschließt. Sonst schrumpft die eine Hälfte des Korken und lässt porös geworden Luft in die Flasche. Der Wein „kippt um“, riecht und schmeckt verdorben.

Regelmäßig alle Flaschen bewegt, wirst du viel Freude an jeder Flasche »Touriga Nacional« wieder haben, reift er auch bei dir zu Hause gelagert weiter. Das schwarze Glas schützt den Wein vor Lichteinfluss. So behält er seine tiefviolette Farbe und sein vollmundig samtenes Aroma jahrelang. Nach der Lese von Hand werden die Trauben mit Haut und Stiel zwei Tagen in gekühlten Becken getreten und gären anschließend in Inox. Durch Holzkorbsiebe gepresst ruht der Wein für zwölf Monate in neuen französischen Eichenholzfässern und anschließend drei Jahre in der Flasche. Das frische Holz im Fass sorgt für eine kräftige rauchig-harzige Note und bringt die Vollmundigkeit der Rebsorte mit feinen Nuancen nach Bitterschokolade und getrockneten Pflaumen erst recht zur Geltung.

Bei gleich vier charakteristisch außergewöhnlichen Rotweinen fällt dir die Wahl sicher nicht einfach, welchen du als erstes probieren magst. Am besten legst du dir einen kleinen »Quinta do Mouro« Vorrat an, denn die Kapazitäten bleiben auch künftig begrenzt.

Passend zur Herbststimmung mit dem neuen Rotwein Quartett von der »Quinta do Mouro« schlage ich ausnahmsweise ein frankophiles Rezept vor: »Bretonisches Pot-au-Feu«

Vorschau auf den nächsten Artikel:

Im nächsten Vinho Bar Blog besuchen wir für dein persönliches Portugal-Sehnsuchts-Care-Paket die hauseigene und sehr fein bestückte Feinkost-Abteilung …

REZEPT: POT-AU-FEU - Alles im Topf für 4 – 6 Personen

Zutaten:

Für den Fond:

  • 1 kg Tafelspitz mit Deckel (mit Fettschicht) – oder – Ochsenbrust
  • 6 Zehen Knoblauch, 4 Schalotten, 1 Möhre mit Grün, das Gemüse für den Fond wäschst du, schälst, und schneidest du in große Stücke.
  • 1 Espressotasse voll mit Rotwein
  • Meersalz, Olivenöl, 4 Wacholderbeeren, 2 Nelken, 4 Lorbeerblätter, Pfeffer nach Gusto.

Für die Suppe im Anschluss:

  • 500 g rosé Champignons, du schneidest ihnen den Fuß ab und viertelst sie.
  • 12 Kartöffelchen aus der neuen Ernte schälst und schneidest du in Sechstel oder Achtel
  • 6 Möhren schälst und schneidest du in mitteldicke Schrägscheiben
  • 1 Lauchstange schneidest du in mitteldicke Schrägscheiben
  • 4 Teltower Rübchen oder Kohlrabi schälst und würfelst du in mittelgroße Würfel
  • 1 kleiner Wirsing, den du halbierst und Julienne (in feine Streifen) schneidest
  • 1 Bund glatte Petersilie wäschst du und wiegst die Blätter fein
  • Alles Gemüse unter kaltem Wasser abspülen


Zum Servieren:

  • Baguette in dicke Scheiben schneiden und toasten
  • Meerrettich, gerne mit Crême Fraîche verrührt - und Dijonsenf

Zubereitung Fond:

  • In einen tiefen Topf füllst du bodenbedeckt grobes Meersalz
  • Das Fleisch reibst du mit Olivenöl ein, bettest es auf das Salz und übergießt es mit Rotwein
  • Wacholderbeeren, Nelken, Pfeffer, Lorbeer und Zwiebel, Knoblauch, Möhrenstücke hinzufügen
  • Mit kaltem Wasser auffüllen, bis das Fleisch gut bedeckt ist.
  • Sobald der Sud köchelt, schöpfst du den Fettschaum mit einem Schaumlöffel ab bis klare Brühe übrigbleibt. Fettaugen sind erwünscht, Fettschaum ist unerwünscht, denn der macht die Brühe bitter und trüb.
  • 2 Stunden köcheln und eine weiter Stunde bei ausgeschaltetem Herd ziehen lassen.

Zubereitung Pot-au-Feu – alles im Topf

  • Das Fleisch aus der Brühe heben, die Brühe in einen zweiten Topf absieben, das Fleisch in die geklärte Brühe geben, den Topf auf den Herd aufsetzen und zum Kochen bringen.
  • Sämtliche Gemüsesorten einfüllen, aufkochen lassen, Temperatur drosseln und ca. 30 Minuten weiterköcheln lassen.
  • Eventuell magst du mit Salz nachschmecken
  • Wenn alle Gemüse gar sind, nimmst du den Topf vom Herd, das Fleisch heraus und legst es auf ein Schneidebrett.
  • Du schneidest entsprechend 4 oder 6 oder mehr dicke Scheiben vom Fleisch ab und bettest je eine in tiefe Teller. Bitte führe das Messer gegen die Fleischfaser sonst franst das Fleisch aus.
  • Brühe über das Fleisch schöpfen, bis es badet, so bleibt es heiß.
  • Gemüse nach Gusto verteilen.
  • Mit Petersilie bestreuen.
  • Das getoastete Baguette kannst du entweder dazu knuspern oder in der Brühe einweichen und mit Brühe vollgesogen genießen.
  • Zum Schluss erst isst du das Fleisch, gerne mit Messer und Gabel, mit Meerrettich, Senf und kräftig Pfeffer.
  • Meine Wahl Rotwein für diese Herbstsuppenvariante: »Zagalos«.

Bom proveito – bon appétit!

Fotos: Quinta do Mouro, Catrin Ponciano, Canva

Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?

Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com


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