Quinta dos Castelares: Das Königreich des Manuel Joaquim Caldeira

Das Foto zeigt eine Felsenlandschaft am Douro-Fluss in Portugal. Die Felsen sind steil und ragen hoch über den Fluss hinaus. Der Fluss fließt durch eine tiefe Schlucht und ist von grünen Weinbergen umgeben.

Je weiter der Miradouro-Nostalgiezug flussaufwärts schnauft, desto felsiger steigen die Ufer aus Iberiens längstem Fluss, dem Douro empor. Beige und grau wirft sich der Granit an dieser Stelle auf, schroff schraffieren die graphitfarbenen Schiefergesteinsschichten das Bild, während sie sich faltig übereinander schieben und bröselig karge Muttererde zwischen sich festhalten. Hier wächst kaum etwas und wenn doch, dann zottelige Buschsorten wie Ginster und Zistrose, Stacheleiche und Wacholder. Sonst ähnelt der Douro an dieser Stelle eher einer verwunschenen Feenlandschaft. Algengrün glänzt der Fluss, vom Sonnenlicht erleuchtet.

Pocinho heißt die Endstation. Hier geht es beschaulich zu. Lediglich die Fliesenbilder erinnern an die früher übliche alltägliche Geschäftigkeit am Bahnsteig, wo sich heute Wandergruppen und Touristen tummeln. Bis in die 90er Jahre führte die Bahnlinie weiter bis Barca d`Alva an der Grenze zu Spanien, aber die ist seit dreißig Jahren stillgelegt. In Pocinho scheint irgendwie nicht nur die Bahnlinie zu enden, sondern irgendwie alles.

Doch der Schein trügt. Hinter den Bergen verbergen sich in abgelegenen Dörfern und Weilern historisch spannende Refugien, die auf Entdeckung warten. Die weit verbreiteten Höhlenzeichnungen aus 25.000 Jahren Menschheitsgeschichte im Vale do Côa verraten dem Besucher die Anwesenheit einst ansässiger Hochkulturen unterschiedlicher Steinzeiten. Kastelle, Wehrtürme und Passwege, laden ein auf mittelalterliche Routen zu wandeln. Im Zickzack führt die gepflasterte Strecke »Calçada de Alpajares« durch eine atemberaubend verwilderte Landschaft. Nach eineinhalb Stunden Autofahrt über kurvige Landstraßen erreichst du einen Ort, wo man gewohnt war, das Schwert im Gürtel zu tragen: Freixo de Espada a Cinta.

Wie ein Halbinsel thront das Dorf über dem Douro, umschlungen von einer Hochebene, auf der Weidetiere grasen und wo sich Weinlaub im stetig milden Wind wiegt. Hier kannst du dem Habichtadler und Mönchsgeier beim Jagen zuschauen, und durchaus auch ausgewilderten Iberischen Luchsen begegnen.
Der Alltag der Menschen, die in der Region Trás -os-Montes – Hinter den Bergen - weit abgelegen von der Metropole Porto, von der Kreisstadt Peso da Régua, dem Wallfahrtsort Lamego und der Stadt Vila Real leben, ist hart. Der schiefersteinbestückte Boden will beackert werden, denn von allein gibt er nichts her. Am besten in Handarbeit, denn an den Steigungen kommen Maschinen kaum zum Einsatz, um Äcker zu bestellen, oder um noch mehr neue Weinberge anzulegen. Schließlich war es die jahrhundertelange Anstrengung von Menschenhand gepaart mit dem Ur-Wissen karge Böden fruchtbar zu machen, die dem Tal des Douro sein liebliches, wenngleich künstlich angelegtes Antlitz verleihen.

»Eine sich ganz und gar untertan gemachte Gegend«, beschreibt es der Nationaldichter Miguel Torga. Menschenhand hat hier im Laufe der Jahrhunderte tatsächlich eine Gesteinsmasse von etwa drei Gizeh-Pyramiden bewegt und die Steilhänge am Ufer des Douro in eine blühende Weinlandschaft verwandelt. Zu Recht 2001 zum Kulturerbe der Menschheit gekürt.

Wer sich am oberen Douro Lauf niederlässt, hat entweder eine bestehende Quinta geerbt oder sich in die einerseits abweisende und andererseits paradiesische Region verliebt. Eine davon hieß Antonia Ferreira, die den Ehrgeiz entwickelte in einer anno dazumal völlig vom Weinanbau ausgeschlossenen Gegend im Vale Meão im 18. Jahrhundert ihr Weingut aufzubauen. Mit Erfolg. Die bis liebevoll genannte »Ferreirinha« gilt auch heutzutage weiterhin als die weibliche Gallionsfigur für weibliche Entrepreneurinnen, denn sie hat es vorgemacht, wie aus einer Vision ein mehrere Jahrhunderte altes Traditionsunternehmen erwachsen kann, obwohl anfangs niemand daran geglaubt hat, als sie in der unwägbaren Gegend über 300 Hektar Land erworben hat und ihr Königreich aufbaute.

Das Foto zeigt die Quinta dos Castelares, ein Weingut im Douro-Tal in Portugal. Das Gebäude ist aus Stein und hat ein rotes Dach. Es ist von Weinbergen umgeben.

»Um das eigene Königreich zu sehen, bedarf es eines jungfräulichen Blickes und eines unverletzten Herzens«, schrieb Miguel Torga. Manuel Joaquim Caldeira in Freixo de Espada á Cinta hat sein Königreich gefunden und mitten im Naturpark »Parque Internacional do Douro« eine Weinlage errichtet: Die Quinta dos Castelares.

In dem seit Portugals Gründung anno 1143 stets umkämpften Grenzgebiet rund um den mittelalterlich geprägten Weiler Freixo de Espada á Cinta, erzählen viele Steine viele Geschichten: Von Königen und Prinzen, von Bauern und Viehzüchtern, und vor allem von Menschen, die nirgends sonst als hier leben wollen und in jeder Generation wieder bereit gewesen sind, dafür aufzubegehren.
Auch Manuel wollte niemals aus seiner Heimat fortziehen und träumte bereits als junger Mann davon, ein Weinbauer zu werden. Sein Königreich einmal gefunden, sorgt der Winzer seither und heute zusammen mit seinen beiden Söhnen dafür, dass ihr Wein stets im Einklang mit der Natur produziert wird. Von Anfang an legte der Winzer größten Wert auf Nachhaltigkeit - und auf den konsequenten Erhalt der von der Natur gegebenen Umstände seines Terroirs. Deswegen pflanzt er ausschließlich autochthone Rebsorten.

Die mittlerweile vierzig Jahre alte Lage der roten »Touriga Nacional« Trauben produziert deswegen auch weiterhin ordentliche Menge Weinbeeren und ihre Früchte sorgen für allerbeste Qualität.

Unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der einzelnen Rebsorten, ließ Manuel drunten im Tal direkt am Ufer des Douro rote Rebsorten setzen und droben, auf den Hügelspitzen, wo es frischer und windiger ist, weiße. So vertragen sich Boden, Klima und Rebsorten optimal, wusste schon der gewiefte und erfahrene Önologe Gastão Taborda, der das Terroir am Hohen Douro wie ein Pionier studiert und besser gekannt hat als irgendein anderer Weinberg-Ingenieur. Dank dessen Liebe zur Weinkultur gedeihen im internationalen Naturpark des Douro besonders üppig »Touriga Nacional« Lagen, die charakteristischste aller Rotweintrauben aus der Weinanbauregion »Alto Vinhateiro«.

Manuel Caldeira, Besitzer des Weinguts Quinta dos Castelares

Wein soll glücklich machen, wünscht sich Manuel Caldeira und keltert aus glücklichen Trauben elegante Tropfen. Zum Beispiel den samtig-seidig weich durchscheinenden »Bicho da Seda«. Ein Rotwein, der eine Hommage an die örtliche Verarbeitung von lokal produzierter Seide darstellt und dich mit einer hauchzarten Note nach Bergamotte verzaubert. Der rote »Sublime« ist eine önologische Extravaganz. Der Name verrät schon, was dich auf der Zunge erwartet. Das Lebensgefühl auf der Quinta dos Castelares rollt dir über den Gaumen mit Vehemenz entgegen, so wie einst die Ritter das Schwert zogen und die von feuchter Waldluft durchtränkte Luft gewittert haben, kräftig und beherzt. Frisch, fruchtig und von einer sommerleichten Mineralität kitzelt hingegen der weiße Biowein »Quinta dos Castelares Colheita Branco« all deine Sinne wach. Kräftiger als der Biowein präsentiert sich dir hingegen ein weiterer Weiße, der den Namen des Winzers »Manuel Caldeira« trägt. In jedem Schluck schnupperst und schmeckst du eine harmonische Aromen Komposition aus Vanille, weißer Schokolade und getrockneten Früchten. Der Wein schimmert strohgelb mit goldenen Reflexen im Glas und verzaubert dich mit seinem runden Bouquet.

Kein Frage! Die Gegend im Naturpark am Douro bescheren dir unvergessliche Abenteuer in wilder Natur, in Burggemäuern und an Wasserfällen - und die Quinta dos Castelares mit ihren Weinen - höchste Genussmomente.

Vorschau auf den nächsten Artikel:

Wir verlassen das Tal des Douro Richtung Süden und erreichen eine Weinanbauregion, der man zu Unrecht viel zu wenig Beachtung schenkt: der Dão. Von dort stammen aber nicht nur beeindruckende Weine, sondern auch ein weltberühmter Kirchenkunstmaler, nach dem sogar ein Wein benannt ist, … » (erscheint am 01. November 2023)

 

Rezept: Carne assada mit Padrón-Paprika und Süßkartoffelpüree – Kurzgebratene Rinderlende mit Brat-Paprika und Süßkartoffelpüree

REZEPT: Carne assada mit Padrón-Paprika und Süßkartoffelpüree – Kurzgebratene Rinderlende mit Brat-Paprika und Süßkartoffelpüree

Im Norden Portugal leben portugiesischer Rasse-Fleischrinder freilaufend. Das rote Barbosa-Rind mit Büffel ähnlichen Hörnern und das Mirandeza-Rind mit seinem langen rötlich braunen Fellbehang. Beide Rassen zeugen für allerbeste Fleischqualität und stehen in jedem guten Restaurant wie folgt auf der Speisenkarte:

Zutaten:

  • 600 g schweres Rindersteak aus der Lende (am besten Limousin oder Angus Qualität als Alternative zu den portugiesischen Rindfleischsorten)
  • 1 Päckchen Padrón-Brat-Paprika (milde Sorte bitte)
  • 2 große oder 3 kleine Süßkartoffeln
  • Knoblauch
  • 1 Zwiebel
  • Lorbeer, Wacholderbeeren, Salz, Pfeffer aus der Mühle
  • 1 Essl. Schweineschmalz
  • 1 x 5 cl Portwein

Zubereitung:

  • Das Fleisch von allen Seiten mit Knoblauch einreiben, salzen und pfeffern
  • Die Zwiebel schälen und fein würfeln, anschließend gar dünsten, salzen und pfeffern.
  • Die Süßkartoffeln in der Schale garkochen, Schale abziehen, mit der Gabel zu grobem Püree zerdrücken, mit einem TL Olivenöl verfeinern und nach Gusto salzen
  • Die Padrón-Paprika mit einer kräftigen Prise grobem Meersalz in Olivenöl gar dünsten
  • Das Fleisch im Ganzen in einer beschichteten Pfanne in Schweineschmalz von allen Seiten scharf anbraten und in einer ofenfeste Form betten.
  • Den Bratenjus mit Portwein ablöschen und ein Lorbeerblatt und drei Wacholderbeeren mitaufkochen lassen, den Sud pfeffern und salzen und reduzieren lassen.
  • Neben das Fleisch füllst du den Süßkartoffelpüree und darauf verteilst du die kleinen gedünsteten Paprika.
  • Über das Fleisch verteilst du die Zwiebelwürfel und den leicht eingekochten Bratensaft.
  • Die Auflaufform kommt etwa für 10-15 Minuten bei Oberhitze in den zuvor auf 180° Grad vorgeheizten Umluftofen.
  • Die Auflaufform stellst du mitten auf den Tisch, dazu eine Fleischgabel, ein scharfes Fleischmesser und einen Servierlöffel.
  • Vom Fleisch schneidet sich jeder selbst ab und serviert sich Püree und Paprika dazu.


WeinempfehlungEin Glas vom Quinta dos Castelares »Sublime« macht aus dem Schmaus einen wahren Festtagsschmaus.

Bom aproveite!

(Fotos: Catrin Ponciano, Quinta dos Castelares, Canva)

Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?

Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com


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