Ein Underground Schaumweinabenteuer

Bild von Bacalhôa Aliança Museum

In dem kleinen Städtchen Sangalhos in der Weinregion Bairrada nördlich von Coimbra, entdeckst du eine weltweit einzigartige Rarität: Ein unterirdische Sektkellerei - mit Museum

Am 25. April feiert Portugal ein großes Jubiläum: 50 Jahre Demokratie und Freiheit. Ein beinahe halbes Jahrhundert andauernde Diktatur konnte nach mehreren gescheiterten Versuchen zuvor, am 25. April 1974 endgültig und mit der geschichtsträchtigen Nelkenrevolution gestürzt werden. Insgesamt blickt die kleine Nation am Südwesteck von Europa sogar auf drei große historische Umwälzungen im vergangenen Jahrhundert zurück. Eine ganze Galerie Republikpräsidenten, Herzöge, Diktatoren, und Ministerpräsidenten unterschiedlich politischer Gesinnung haben sich am Tauziehen um die politische Vorherrschaft in Portugals Regierungspalast beteiligt.

Seit 1974 passieren Regierungswechsel demokratisch, mit Volksstimme gewählt, und deswegen feiert die Nation am 25. April 2024 ihre wohlverdiente seit nurmehr fünfzig Jahren andauernde Demokratische Freiheit. Du kannst dir sicher gut vorstellen, dass das gesamte Land auf den Beinen ist. Allerorts wird gesungen, rezitiert, Theater gespielt, protestiert, manifestiert. Zeitdokumente werden ausgestellt, und überall wird Andacht gehalten. Andacht an den Widerstand, in Gedenken an all diejenigen, die durch die portugiesische Geheimpolizei Repressalien erlitten haben, gar deportiert worden sind, oder die sich zum Schutz gegen Verhaftung, ins Ausland abgesetzt haben und etliche Jahre oder Jahrzehnte im Exil ausharren mussten, bis sie nach Hause zurückkehren durften.

Da wundert es nicht mehr, dass Portugiesen so herzlich gerne und so ausgelassen feiern, denn bis 1974 war jedes Fröhlichsein verboten. Im wahrsten Sinne des Wortes waren es schrecklich trockene 48 Jahre, denn etliche Winzer ließen ihre Weinberge im Stich und den wenigsten Portugiesen schmeckte der Wein noch, getrunken zu einer kargen Mahlzeit in Frust und Schweigen. Die Weinberge litten genauso wie das vom Regime mit Geheimpolizei zum Stummsein verurteilte Volk.

Das änderte sich nach der Nelkenrevolution schlagartig. Die größte Fete jemals feierte die Nation am 25. April selbst. Endlich floss der Wein wieder in Strömen und man konnte lachen und fröhlich singen und tanzen. Emsig wurden stillgelegte Weinberge zu neuem Leben erweckt, Weinstöcke rekultiviert und großflächig neu gesetzt.

Auch in der Weinanbauregion »Bairrada« im Herzen Portugals ausgebreitet, im Norden vom Vouga-Fluss, im Süden vom Mondego-Strom, im Westen vom Atlantik und im Osten von den Bergzügen Buçaco und Caramula bekränzt, krempelten die Winzer die Ärmel auf und päppelten ihre Rebstöcke auf.

Mit Erfolg! Die für die »Bairrada«-Region charakteristische »Bago« Rebe mit ihren kugelrunden, dicht gedrängt wachsenden, relativ kleinen tiefdunkelblauen Trauben, erholte sich in dem tonhaltigen Kalkstein-Terroir rasch - und prächtig. Historisch bereits seit den Römern bekannt, liefern »Bago« Weintrauben einen besonderen Saft, nämlich für Weißwein - und seit 1890 bereits für den nach französischem Champagner-Vorbild fermentierten Sekt, »Espumante Bairrada«. Ein herrlich prickelnder Schaumwein, für den seit 1979 die Herkunftsgütesiegel DOP, DOC, und VEQPRD, für die Reinheit der Marke Bago@Bairrado bürgen.

Weinberg in Bairrada, Portugal(Foto: Canva)

»Blanc de Noir« Sorten-Schaumweine aus 100 % »Bago«-Trauben zählen zu Portugals Festtagstropfen. Sie kitzeln feinperlend auf der Zunge und am Gaumen und verführen mit leichten Zitrusfruchtaromen, angenehmer Säure und durchweg trocken, zum Hochgenuss. »Espumante Bairrada« schmeckt jedem, das ist das Geheimnis für den Erfolg der kleinen Winzergruppe »Bago@Bairrada«, der auf die natürliche Fermentierung aufbaut. Sektflaschen liegen bekanntlich gerne dunkel, kühl, umgeben von hoher Luftfeuchtigkeit, damit die feine Kohlensäure ruht und nicht durch Wärme und Sonnenlicht zu sprudeln beginnt. In der »Bairrada« befinden sich deswegen die Flaschenlager tief unter der Erde.

Auch bei dem Tochterunternehmen der »Bacalhôa« Gruppe, »Aliança«, führt dein Weg unter die Erde. Am Eingang zur »Cave Aliança« mit gleichnamigen Museum, begrüßt dich ein »Underground«-Schild, als ginge es abwärts in einen U-Bahnschacht. Ein bisschen fühlt es sich auch so an, denn einmal die Außenwelt hinter dir gelassen, betrittst du das »Aliança-Underground-Paradise«:

Dich erwarten zauberhaft mit Buntlicht beleuchte unterirdisch aufbereitete insgesamt acht museale Kollektionen Kunst und Archäologie: Exquisite Keramiken aus Portugal, Fayencen aus diversen berühmten Manufakturen, archäologische Fundstücke aus aller Welt. Skulpturen aus Simbabwe tauchen im Zwielicht der Gewölbe auf und eine mystische anmutende ethnografische Kunstsammlung aus Indien und Afrika.

Jedes Exponat begeistert aufs Neue. Das Setting, die Umgebung, das Licht dazu, katapultiert dich in eine andere Sphäre. Allmählich steht die Zeit still. Die Tunnel verschlucken Worte und Schritte. Willkommen im Berardo-Universum. Zu den absoluten Höhepunkten der Sammlung unter der Erde gehört, neben den bereits erwähnten Exponaten, obenauf noch eine umfangreiche Sammlung Fossilien aus Jurassic-Zeiten – sowie in sämtlichen Farbnuancen schillernde Minerale wie Tumalin, Aquamarin, Opal, Amethyst, Quarze und Dutzende mehr, die tief unter der Erde erst ihre intensiv kristalline Strahlkraft entfalten. Als Kontrastprogramm zum Kunstschatz läufst du auf deinem geführten Rundgang ständig wieder an abertausenden Flaschen mit Sekt, Wein, Likör und Spirituosen der Marke »Cave Aliança«, aus insgesamt siebzig Jahrgängen vorbei. Der Entrepreneur und Kommandant, Joé Berardo, erwarb die traditionsreiche unterirdische Kellerei vor etwa einer Dekade und verwirklichte hier seinen Traum von einem unterirdischen Universum für Wein und Kunst.

Bild von Bacalhôa Aliança Museum(Foto: Bacalhôa, Allianca Museum)

Zurück im Tageslicht lädt der beschauliche Ort Sangalhos zu einer Erkundungstour zur Winzerschule sowie zum alten Bahnhof mit historischen Fayencen ein, oder zu feinen Spezialitäten aus der Region in urig eingerichteten Lokalen. Allen voran musst du das Spanferkel probieren. »Leitão da Bairrada«, im Holzofen geschmort.

Tipp von mir: Spanferkel wird hierzulande kalt serviert. Das Fleisch ist butterzart, die Haut kross. Die Sauce schmeckt herrlich pfeffrig, dazu isst du Kartoffelchips. Die Orangenscheiben auf dem Tellerrand dienen nicht der Dekoration, der Saft absorbiert das Schmalz und erfrischt deinen Gaumen. Selbstverständlich genießt du zum »Leitão da Bairrada«, «Bago@Bairrada-Espumante«. Eiskalt und am besten Extra-Brut.

Am 25. April werden überall in Portugal und überall auf der Welt, wo Portugiesen zuhause sind, Sektkorken knallen. Mehr als in irgendeiner Silvesternacht. Schließlich hatten einst alle portugiesischen Familien mit dem Regime zu tun. Die einen haben der Diktatur gedient - die anderen haben sie bekämpft. Vereint erleichtert darüber, dass der Albtraum vorbei ist und lange her, prostet Portugal sich gegenseitig zu.

Viva a Liberdade! Viva Portugal!

Vorschau auf den nächsten Artikel:

Traditionell sammelt man in Portugal zu Christi Himmelfahrt sieben verschiedene Kräuter, Blüten und Früchte. – und bewahrt das Sträußchen bis zum nächsten Jahr auf. Freut euch auf einen Artikel über himmlische Bedeutung und Deutung. 

 

Shrimp Curry, Rezeptfotos

REZEPT: Shrimp Curry

Spanferkel ist nicht jedermanns Sache, deswegen habe ich meinen werten Kollegen Randolph Kroening um ein pikantes Rezept für ein Shrimps-Curry gebeten, wozu ganz wunderbar der Espumante Alvarinho-Schaumwein aus der Vinho Bar schmeckt, was sich zusammen genossen hervorragend dazu eignet, mit Portugal gemeinsam auf die Freiheit anzustoßen.

Zutaten für 2 Personen:

  • 2 große Gambas
  • Tiefgefrorene rohe Camarões (Garnelen /Tiefseeshrimps)
  • Kochsahne
  • Tomatenmark
  • Tandoori-Paste
  • Creme de Coco
  • Olivenöl
  • Frischer Koriander
  • Knoblauch
  • Zwiebeln
  • frische Ingwerzehe
  • frischer Kurkuma (im Garten)
  • Naan-Brot
  • 2 Limetten
  • Olivenöl mit Zitronenzusatz, eine Spezialität aus dem französischen Menton (natürlich geht auch Olivenöl mit einem winzigen Schuss Zitronensaft


VORBEREITUNG:

  • Camarões (Shrimps) abtropfen lassen und in ein verschließbares Gefäß geben
  • Creme fraîche zugeben (man kann auch neutralen Joghurt nehmen, ich bevorzuge die Creme fraîche wegen der etwas festeren Konsistenz, die die Marinade samtig-cremig macht, sodass sie gut an den Camarões/Shrimps haftet)
  • 4 EL Tomatenmark zugeben, gut unterrühren
  • 4 EL Curry zugeben (als Pulver oder Paste) (wer es weniger pikant möchte, reduziert die Menge)
  • 2 EL Paprika edelsüß zugeben, durchrühren
  • Eine Prise Kreuzkümmel zugeben, durchrühren
  • ½ TL frisch geriebenen Ingwer zugeben, durchrühren
  • 1 TL frisch geriebenen Kurkuma zugeben, durchrühren
  • 1 EL Tandoori-Paste zugeben, durchrühren
  • Saft einer halben Limette zugeben, durchrühren
  • Für mindestens 2 Stunden im Kühlschrank ziehen lassen


FÜR DIE NAAN BROTE

  • 5 Knoblauchzehen kleinpressen
  • Etwas Koriander klein hacken
  • Knoblauch und Koriander mit Olivenöl mischen, in den Kühlschrank stellen


ZUBEREITUNG

  • 1 mittelgroße Zwiebel in hauchdünne Halbringe schneiden, für einige Minuten in etwas Butter glasieren, dann die Hitze reduzieren
  • Die marinierten Camarões/Shrimps zusammen mit der Marinade in einen Topf geben, auf kleiner Flamme erwärmen
  • Nach 10 Minuten 150ml Creme de Coco zugeben, weiterköcheln lassen, gelegentlich umrühren
  • Ggf. mit etwas mehr Limettensaft und allen anderen Gewürzen je nach Gusto abschmecken
  • Von den Gambas Kopf und Panzer (außer Schwanz) entfernen, reinigen
  • Mit Paprika edelsüß einreiben
  • 1 EL Zitronenöl in eine kleine Pfanne geben, Gambas scharf anbraten
  • Zeitgleich die Knoblauch-Koriander-Öl-Mischung auf den Naan-Broten verteilen und fertigbacken
  • Shrimp-Curry in die Schale geben, mit etwas Koriander überstreuen, Gamba seitlich einhängen
  • Zusammen mit dem Naan-Brot servieren

 (Fotos: Bacalhôa, Allianca Museum, Canva)

Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?

Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com

 


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