DIE WEINLESE

DIE WEINLESE

Magie oder Wahrheit? In Portugals Weinen steckt beides!

Portugal und Wein, verbunden durch eine Legende, verewigt im Buch „Die Lusiaden“, geschrieben vor 450 Jahren, wo es episch heißt: „Den Du siehst, ist Lusos, nach ihm ist unser berühmtes Lusitanien benannt …“

Lusos und Lisa, mit Weingott Bacchus verwandt, gar seine Kinder mit einer Gefährtin, erzählt das homerische Epos, erreichten auf großer Fahrt eines Tages eine Küste ohne Namen. Ein lieblich, grün bewaldetes Land, durchzogen von Flüssen, bestellt mit Bergen, gesegnet mit Sonne und Regen. Dort ließen sie sich in der Nähe einer nie versiegenden Quelle nieder, bekamen viele Kinder, die sich wiederum woanders niederließen, und bald schon nannten Seefahrer und Kaufleute das Küstengebiet das Land Lusos. Stolze Lusitanier lebten dort, hörte man in Rom – und von deren Reichtum. Vom Salz, vom Erzmetall, vom Marmor, vom Kork, vom grünen Gold Olivenöl, von Thunfisch und Fisch satt und… vom Wein.

Denn Lusos Blut, einst in Lusitaniens Erde getropft, ließ überall Rebstöcke wachsen. Im Wein liegt, wie man weiß, die Wahrheit, weil er die Zunge löse. Aber … das ist bloß die halbe Wahrheit, denn in den Wurzeln der Stöcke steckt die Urkraft der Erde oder, übertragen gesagt, des Entstehens.

Jede Rebe speist irdene Kraft, deren Früchte sich die Kraft einverleiben und in den Wein weiterleiten. Kein Wunder, dass Wein in Portugal zu den Hauptnahrungsmitteln zählt. Und dass Mütter ihren Kindern früher einen Brei aus Milch mit Zucker, Brotstückchen und Wein verrührt gefüttert haben. „Suppe für müde Pferde“, nennt man das Gemisch.

Gepflückt werden Weintrauben wie eh und je von Menschenhand und in etlichen Kellereien mittlerweile wieder, wie schon zu Römers Zeiten, mit nackten Füßen zu Most gestampft. Auch die Kraft des Stampfens überträgt sich in den Saft. Fazit: Die Weinlese ähnelt einem Pakt zwischen Himmel, Natur und Mensch, genannt Nachhaltigkeit.

Heutzutage ein wieder oft verwendeter Begriff in der Agrarwirtschaft. Denn trotz sämtlicher Maschinen, trotz raffiniertester arbeitserleichternder Technik sind es die Arbeitsschritte, die einzig von Menschenhand bewältigt werden können. Kork (siehe voriger Blog) lässt sich nur von Hand vom Stamm lösen. Oliven nur von Hand verlesen – und Weintrauben nur von Hand pflücken. Als hätte die Natur es so und nicht anders vorgesehen. Gut so. So bleibt die Nachhaltigkeit erhalten und sorgt für ein Gleichgewicht zwischen denen, die mit Händearbeit ihre Existenz verdienen, und denen, die den Wein verkaufen.

Wenn du also Lust auf die Magie – oder Wahrheit – in der Weinlese verspürst, kannst du auf etlichen Quintas selbst Hand anlegen. Bezahlt wirst du, sofern du dich bei entsprechenden Vermittlungsbüros als Pflücker für die Weinlese offiziell bewirbst. Oder du kommst als Tourist und buchst eine Weinlese-Erfahrung.

Auf den Quintas im Alentejo wirst du sogleich mit T-Shirt mit Markenlogo, Strohhut und ausreichend Wasser ausgestattet, arbeitest und isst mit den anderen Pflückern, morgens Sardinen in Salzlake mit Kartoffeln, mittags Bucho Stulle mit kaltem Braten und Wurst belegt und abends den traditionellen Weinlese-Eintopf mit Maisbrotstippen. Dazu gibt es stetig frischen Most, und du bezahlst für deine Erfahrung je nach Umfang zwischen 30 € und 180 € für den Tag. Auf einer Quinta am Alqueva-Stausee gelegen, kannst du zusätzlich luxuriös unter dem dunkelsten Stück Himmel Europas übernachten, im Morgengrauen Trauben treten, die Kellerei und das Weinsujet der Quinta kennenlernen, am Abend im Licht der Scheinwerfer der Traktoren zur Lese aufbrechen und anschließend unter der Milchstraße sitzend den für Weinlese-Erfahrene eigens kreierten Wein „100 Füße“ goutieren.

Auch im Douro-Tal ist Mitmachen bei der Weinlese vielerorts möglich. Richtig fein und rundum erlebnisreich, abenteuerlich und kulinarisch unübertroffen erlebst du einen Tag während der Weinlese auf der Quinta de la Rosa. Dein Tag am Douro in Pinhão beginnt um halb zehn Uhr vormittags mit einer zweieinhalbstündig geführten Tour über den Weinberg. Unterwegs kannst du Pflückern bei der Arbeit zuschauen – und mitmachen. Beim Picknick mit lokalen Spezialitäten und Quinta de la Rosa-Wein, kommst du mit den Pflückern ins Gespräch, bevor es wieder abwärts zur Kellerei geht, wo der traditionelle Weinlese-Eintopf in gusseisernen Kesseln gekocht dich erwartet. Zum Dessert gibt es eine Wein- plus Portweinprobe, dazu Käse und Schokolade. Im Anschluss geht es an Bord und du genießt das Douro-Tal gemütlich, mit Aussicht auf die um dich herum buchstäblich aus dem Wasser wachsenden Weinberge. Zurück auf der Quinta de la Rosa serviert man dir auf der Terrasse der hauseigenen kulinarischen Oase „Claras Küche“ ein lukullisches Vier-Gänge-Menü mit vier zu den Speisen jeweils abgestimmten Weinen, bevor es heißt, jetzt wird es ernst. Dein Tag klingt aus mit Traubentreten. Ein wahrlich unvergessliches Weinlese-Abenteuer, buchbar ab demnächst.

Bis die Weinlese heuer beginnt, kannst du Portugals Weine auch aus der Ferne auf deinem heimischen Balkon oder auf dem Sofa lümmelnd genießen und dir deine Lieblingsweine in der Vinho Bar bestellen. An sommerlich lauen Abenden erquicken erhitzte Sinne besonders Grüner Wein ALLO aus dem Hause Soalheiro mit bestechend milder Mineralität und der Quinta de la Rosa Roséwein mit seinem betörenden Rosenblätter-Bouquet. Fein komponierte Nuancen erfrischender Säure in beiden Sommerweinen kitzeln zudem Gedanken an Wildkräuterwiesen und die Sehnsucht nach Portugal wach. Dazu schmeckt Knabbergebäck eingestippt in fein akzentuierte Manna-Fischpasteten aus dem Gourmetprogramm der Vinho Bar, gefolgt von Salz-Sardinen mit Süßkartoffeln und Arjamolho Salat. Derart alle Sinne erquickend könnten Sommertage jeden Tag ausklingen, denn eins ist sicher: Zu Hause genossen oder in der Weinlese ausprobiert, Lusos Esprit berührt uns alle. Also … Magie oder Wahrheit? In Portugals Weinen steckt beides!

REZEPT: Salz-Sardinen mit Süßkartoffeln und Salat Arjamolho

  • Bei deinem Fischhändler bestellst du pro Person 5 Sardinen und bittest darum, die Fischlein zu putzen, zu köpfen, und zu filetieren.
  • Alternativ kannst du natürlich Matjes oder Heringe nehmen, gerne auch die in Salzlake, küchenfertig.
  • Am Tag vor dem Verzehr bettest du die Filets mit Haut nach unten in eine Glasschüssel und bestreust sie mit grobkörnigem Meersalz, schichtest die nächste Lage Filets obenauf und bedeckst auch diese wieder mit Meersalz. Mit Folie oder Deckel verschlossen ziehen die Filets bis zum nächsten Tag durch.
  • Je nach Größe pro Person 1 Süßkartoffel mit Schale kochen, anschließend pellen, in dicke Schrägscheiben schneiden und in einer ofenfesten Form ausfächern, mit Meersalz würzen, mit Olivenöl beträufeln und nach Gusto mit Knoblauch, in kleine Würfel geschnitten, bestreuen. Die Süßkartoffeln kommen für ca. 10 Minuten in den vorgeheizten Ofen bei 220°C unter Oberhitze, damit sie rösch werden. Du kannst sie auch in der Schale lassen und längs halbiert in den Ofen schieben, das ist rustikaler.
  • Die Sardinen befreist du mit den Fingern komplett vom Salz und drapierst sie auf eine Servierplatte. Fein gewürfelter Knoblauch, glatt fein gehackte Petersilie und hauchdünn in Halbmonde geschnittene Gemüsezwiebel würzen die Salz-Sardinen zusätzlich.
  • Feinstes Olivenöl über die salzigen Filets großzügig geträufelt, verstärkt das Aroma nochmals intensiver.
  • Die „Arjamolho“: 400 g Cocktailtomaten vierteln, 1–2 rote Zwiebeln fein würfeln, 1 Salatgurke fein würfeln, 1 Knoblauchzehe fein würfeln, gut bemessene glatte Petersilie fein hacken.
  • Im Toaster toastest du Brotscheiben vom Brot vom Vortag und brichst es in Bröckchen in eine Salatschüssel. Die Bröckchen vermischst du mit dem Salat, würzt mit Meersalz, Essig und Olivenöl und gibst eine Kaffeetasse Mineralwasser dazu. Gut durchgemischt stellst du den Salat für zehn Minuten ins Tiefkühlfach.

Dazu passen die zwei genannten Sommerweine aus der Vinho Bar:

ALLO - Grüner Wein und Quinta de la Rosa Rosé ganz ausgezeichnet.

 

Fotos: Quinta de la Rosa, Canva

Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?

Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com


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