Das Weingut »Bacalhôa« in Azeitão, südlich von Lissabon am Fuß der Kordilleren Serra Arrábida gelegen, blickt zurück auf 500 Jahre Geschichte, die von König D. João II bis zum Entrepreneur Joe Berardo reicht. Den Namen verdankt der historische Palast der Ehefrau eines Grafen, mit Spitznamen »Lady Stockfisch – Senhora da Bacalhôa«…
Lissabons südliches Hausgebirge zwischen dem Tejo Fluss und der Bucht von Setúbal, wird gekrönt von einem 505 Meter hochragenden Kap »Cabo Espichel«. Dort thront der gleichnamige Leuchtturm in Sichtweite der Abtei der Heiligen Mutter Maria. Die an dieser Klippe, so erzählt es die örtliche Legende, mit ihrem Esel hinaufgeklettert sei. Ob Legende oder keine, die Hufspuren des Esels hinterließen fossile Abdrücke.
Vom Kloster führt die Strecke vorbei an der mittelalterlichen Burg von Sesimbra gen Osten mitten durch Wälder und Weinberge bis zum Gemeindekreis von Azeitão. Der Kreis bietet dir als Besucher gleich mehrere ländlich geprägte »Aldeias« – Dörfer an, in denen es reichlich zu entdecken gibt. Neben Landschlösschen und Einsiedlerkapellen, eine ursprüngliche Dorfkultur mit geduckten Häusern, in denen Bauern leben, die die fruchtbare Hochebene mitten im Gebirge ausgebreitet, bewirtschaften. Das dörfliche Potpourri ist eine echte kulturelle Schatztruhe, umgeben vom Naturpark Serra Arrábida, denn es bietet dir vom Outdoor-Abenteuer Paragliding über das Azulejo-Kunsthandwerk bis zu lokal-kulinarischen Hochgenüssen alles, was deinen Urlaubstag unvergesslich macht. Und das gerade einmal eine Auto-Stunde von Lissabon entfernt.
In der Azulejo-Manufaktur »Leveira« passiert traditionell alles von Hand, von der Fliesenanfertigung bis zum Brennen. Ausgebildete Fliesen Künstlerinnen sind hier am Werk. Sie bemalen jede einzelne Fliese von Hand und setzen sie wie ein Puzzle zu großen Paneelen zusammen. Du kannst die Manufaktur besuchen, sogar die Azulejo Kunst in einem Workshop selbst ausprobieren. Deine, dann gebrannte Fliese, wird dir nach Hause nachgeschickt. Die Manufaktur ist genau am richtigen Ort, denn Zaun an Zaun breitet sich die Rückseite eines der emblematischsten Königspaläste Portugals aus. Die Quinta »Vila Fresca«, besser bekannt als »Palácio da Dona Bacalhôa«.
König D. João II ließ diesen Landpalast mit all seinen architektonischen Verspieltheiten Mitte des 15. Jahrhunderts bauen. Du magst dich fragen, ob du plötzlich in Byzanz oder im Orient gelandet bist, denn die Residenz präsentiert sich mit Turmbauten, die du von Bildern in Fernost kennst. Das ändert sich am Wasserspiegel, so nennt man die nach maghrebinischem Vorbild angelegte geometrische Teichanlage, in deren Oberfläche sich der herrschaftliche Palast spiegelt. Dazu maurische Hufeisenbögen, bestückt mit Marmorbüsten oder Renaissance Fliesenbilder. Im Palast stößt du auf aus etlichen Epochen von Sevilhana bis Rokkoko stammende Azulejo Raritäten– sogar die allererste Azulejo made in Portugal ist hier ausgestellt.
König D. João II vermischte seinerzeit als Status Quo sämtliche Baustile aus den von Portugal eroberten Gebieten in seiner Landresidenz. Mit dem Vermögen einer einflussreichen Familie mit Gouverneursposten in Indien wurde der Palast später noch um die orientalisch anmutenden Turmbauten erweitert. Eine der Grafensöhne ehelichte die einzige Nachkommin des Flottenbesitzers für den Kabeljaufang »Senhora Bacalhôa«, und so kam das Landgut zu seinem weiblichen Stockfisch-Namen.
Der letzte Regent von Portugal D. Carlos I war auch der letzte royale Besitzer der Residenz, doch nach dem Attentat auf ihn und seine Familie 1908, und den Sturz der Monarchie am 5. Oktober 1910, blieb das Gebäude leer stehen. Eine vermögende Amerikanerin aus Connecticut erwarb 1937den Palast, ließ ihn restaurieren und die Weinberge rekultivieren. Ihr Enkel setzte den Betrieb bis 1997 fort, bis der derzeitige Besitzer, Kommandant Joe Berardo, das Anwesen übernommen hat. Mit ihm kehrte Kunst in die weitläufige Parkanlage und den Palast zurück. Und mit der Kunst die Tradition, die einst von Portugal eroberte Welt, zum Prestige, künstlerisch dargestellt zu präsentieren.
(Foto: Bacalhôa)
So erwarten dich beim Eintritt in das »Bacalhôa-Imperium«, das insgesamt Weingüter in sieben Weinregionen Portugals umfasst, sowie Gold- und Edelsteinminen in Südafrika allerlei Überraschungen bei deinem Besuch auf dem Weingut: Im Japanischen Garten erreichst du die Kellerei mit Wein-Boutique und Verkostung, und wirst empfangen von Terrakotta-Soldaten und ihren Pferden der Chinesischen Armee aus dem Mausoleum des ersten Kaiser von China Qín Shihuángdì – in Kobaltblau – vom Skulpteur Niizuma nachgeahmt und angefertigt. Andächtig kannst du nach deiner Begegnung mit dem Reich der Mitte im Garten nebenan lustwandeln und an einem einzigartigen Baum verweilen. Die Kaki-Großenkelin des einzigen überlebenden Baumes nach dem Nuklear-Angriff auf Nagasaki spendet dir hier Schatten. Des Weiteren führt dich die Ausstellung jüdisch stämmiger Künstler zu deren Erinnerungen an den Holocaust. Im weitläufigen Parkgelände umgeben von Rebstock Reihen, begegnest du dem nächsten Kontinent mit „Out of Africa“ Exponaten aus, und über Angola. Am Palastgebäude angekommen, erwartet dich ein Irrgarten aus Buchsbaumhecken und, nach Anmeldung, eine Führung durch Gemächer und Geschichten, sowie eine Reihe erlesene Kunstraritäten.
Zwischen den Weinlagen unter dem Label »Bacalhôa« findest du gängige Marken wie »JP, Catarina, Martinho, Casal Mendes«. Die Königsklasse trägt das Palast-Label »Bacalhôa«. Die beiden französischen Klassik-Bordeaux-Sorten Merlot mit Cabernet-Sauvignon, gedeihen auf dem Kalkstein-Terroir mitten im Naturpark Arrábida in etwa 200-300 Meter über dem Meeresspiegel bestens. Stetig belüftet von Zephyr-Westwinden und kräftig von der Meersalzhaltigen Luft aromatisiert.
(Foto: Bacalhôa)
Chef-Önologin Filipa Tomaz da Costa, keltert aus den beiden französischen Sorten eine elegante Cuvée und kreiert mit vierzehn Monaten in französischen Eichenholzfässern gereift plus sechs Monate in Flaschen ruhend, einen exzellenten Rotwein. Die französischen Rebstöcke fanden erst nach der Nelkenrevolution 1974 in Portugal ihren Weg aus Bordeaux in hiesige Erde und haben auf dem »Bacalhôa-Gut« seither 45 Lagen Rotweine produziert. Ein Charakterwein, der samten, dennoch mit leicht rauchiger Tannin Note am Gaumen schmilzt, und Aromen roter Früchte wie Johannisbeere und Brombeere, erfrischt von prickelnder Mineralität in sich vereint.
Nach so vielen Geschichten mit all den Eindrücken von Kunst mit Deutungshoheit aus aller Welt, gehst du gut und lecker in einem der sieben Dörfer rund um Azeitão zum Essen. Dort schnabulierst du Schafskäse mit Oliven und Honig, dazu Holzofenbrot und Olivenöl, alles lokale Erzeugnisse aus Azeitão. Ein gut gewürztes Steak vom Grill, wecken deine Geschmacksnerven, bereit für einen kräftig-samtenen Schluck Wein aus dem Palast »Lady Stockfisch« . Am besten den mit Palast-Label - ganz neu in der Vinho Bar eingetroffenen »Quinta da Bacalhôa 2019 Tinto«.
Vorschau auf den nächsten Artikel:
Kunst plus Wein = Passion. Für diese erlebnisreiche Kombination folgt uns gerne im nächsten Beitrag bis unter die Erde …
REZEPT
BITOQUE COM MOLHO „ESPECIAL“
Das Rezept für ein gut gewürztes Steak kommt von Randolph Kroening, der (nur nebenbei erwähnt) ganz in der Nähe des Bacalhôa-Palastes, in Setúbal lebt.
ZUTATEN
- 4 dünne Rindersteaks
- Öl, Salz, Pfeffer
- 200 ml Kochsahne
- Ein Schuss Espresso
- 4 Eier
- Reis, Kartoffeln
ZUBEREITUNG
- Je nach Zubereitungsart und Gar Dauer zunächst den Reis und die Pommes Frîtes ansetzen
- Fleisch salzen und pfeffern, kurz und scharf von beiden Seiten anbraten
- Zwischenzeitlich schon die Spiegeleier vorbereiten
- Fleisch aus der Pfanne nehmen und kurz warmstellen, in dieselbe Pfanne die Kochsahne zugeben, unter ständigem Umrühren den Espresso zugeben
- Mit Salz und Pfeffer abschmecken
Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?
Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com