Von Thunfischfallen und BIO-Wein

Eine Flasche Rotwein der Marke Quinta dos Castelares mit veganen und Bio-Siegeln steht vor einem Regal mit weiteren Weinflaschen in einem Eingangsbereich.

Ohne es zu wissen, kelterten die Römer in Portugals Süden vor über 2000 Jahren bereits BIO-Wein und handelten mit Thunfischpastete als Delikatesse. Beides kannst du heute wieder nachhaltig und ganzheitlich produziert genießen…

Thunfisch war in Rom eine heiß begehrte Delikatesse, die Pastete aus seinem Fleisch das I-Tüpfelchen der Palastköche, kochten die Leibköche der Römischen Imperatoren bereits Gourmet und waren stets auf der Pirsch nach besten Zutaten. In Portugal wurden sie mehrfach fündig. Hier gab es Meersalz zum Konservieren und zum Würzen. Olivenöl. Zitrusfrüchte, die von Cicero zum Paradiesapfel erhobene Tomate – und Thunfisch.

Die blau-silbrig-glänzenden Fische tummelten sich vor der lieblichen Algarveküste, denn dort fanden sie Nahrung satt. Das machten sich Fischer zunutze und stellten Thunfischfallen auf. Senkrecht ins Wasser gestellte Netze mit Ankern am Meeresboden beschwert, wie ein Labyrinth angelegt, in das der Thunfisch hineinschwamm, aber nicht wieder hinausfand. Im Zentrum der Falle sammelten sich Fischer in ihren Booten und brachten den Thunfisch mit kurzstieligen Speeren zur Strecke.

Ein Foto, das zwei Ansichten von Thunfisch zeigt. Auf der linken Seite befindet sich eine Glasschüssel mit zerkleinertem, gekochtem Thunfisch, garniert mit Petersilie, auf einem Holztisch. Auf der rechten Seite liegen mehrere ganze, rohe Thunfische nebeneinander auf einem nassen, braunen Boden.

Die Filetstücke gingen in Salz eingelegt direkt nach Rom, die Bauchstücke blieben den Fischern für Eintopfgerichte und aus der Leber wurde das begehrte Gárum hergestellt. Die Geburtsstunde für Paté de Atúm, die in Portugal als Entrée serviert wird. In den 70er Jahren wurde die letzte Thunfischfalle an der Algarve geschlossen, den Fischen wurde es durch den Tourismus zu laut, sie zogen sich zurück ins Meer. Zwei der ehemals für die Fischer und ihre Familien im vergangenen Jahrhundert errichteten Siedlungen zeugen als offenes Museum vom Leben der Fischer vom Thunfischfang. Eine liegt in Tavira und die andere in Santa Luzia auf der Insel Praia do Barril.

Zu der Düneninsel mit Traumstrand im Naturreservat Ria Formosa fährt ein Züglein, dessen Lok aus den früheren Katzengoldminen im Alentejo stammt. In der einstigen Siedlung kannst du im „Museu de Atúm“ köstlich speisen und Thunfischfallen in einer Fotodokumentation und einem nachgebauten Modell kennenlernen. Über 300 Anker haben die Armação de Atúm im Meer vor der Insel vor dem Wegschwemmen bewahrt. Die jeder für sich fast 400 Kilogramm schweren Anker stehen in den Dünen. Eine Hommage an den immensen Kraftaufwand der ehemaligen Thunfischfischer.

Isst du also köstliche Thunfisch- oder Sardinenpastete aus dem Feinkostangebot der Vinho Bar, genießt du ein Häppchen jahrtausendealte Kulturgeschichte. Da schmeckt das Amuse-Bouche zu Beginn einer Mahlzeit gleich noch besser.

Ein breites Panoramabild, das den Ankerfriedhof in Tavira, Portugal, zeigt. Dutzende große, verrostete Anker sind schräg in einem sandigen Dünenabschnitt am Strand vergraben. Im Hintergrund sind das Meer und der blaue Himmel zu sehen. Am linken Bildrand sind undeutlich ein paar Menschen zu erkennen.

Natürlich fehlt in Portugal, wie ihr längst wisst, bei keiner Mahlzeit Wein. Selbst wenn frisches Ofenbrot mit Thunfischpastete bloß ein kleiner Snack auf dem Heimweg an der Theke den ersten Hunger stillt, gehört ein Glas Wein dazu. Früher kam Wein in Portugals unzähligen Café-Bars aus dem Fass und meistens war er vom Cousin oder Onkel des Wirts gekeltert. Trauben wurden, sobald reif genug, gepflückt, gärten im Ton-Fass (Talha-Methode Blog vom 15. Juni 2023) und kamen in kleinen Holzfässern abgefüllt für den Ausschank auf die Theke. Der Wein reifte von allein im Holz weiter und schmeckte irgendwie jede Woche später noch besser. So haben Portugiesen im Übrigen die Barrique-Reifemethode für sich entdeckt.

Heute ist Fassausschank für Wein verboten. Der Wein muss zertifiziert sein und nach EU-Vorschrift etikettiert. In ländlichen Gegenden trinkst du durchaus ab und zu auch „nicht etikettierte“ Weine und wirst staunen, wie gut die schmecken können, aber das ist nur eine mikroskopisch kleine Randbemerkung seitens der Autorin.

Damals jedenfalls liefen Schafe im Weinberg frei, auch Gänse und Enten und Hühner. Schafe pflegten das Grün zwischen den Reben, Geflügel fraß Würmer und Käfer. Beide Nutztierspezis hinterließen Dung. Die Weinbauern häckselten Weinlaub und Rebenverschnitt und verteilten es um die Rebstöcke zum Düngen und zur Nährstoffanreicherung. Der Wein wuchs, seine Ranken bildeten ein Dach, Wind und Sonne ließen Früchte wachsen, reifen und versüßten die Beeren mit Licht und Wärme.

BIO-Wein funktioniert genauso und heutzutage auch das Keltern nach bio-organischen oder bio-dynamischen Voraussetzungen, wie bei den Römern vor 2000 Jahren und bei den Bauern bis ins 20. Jahrhundert auch noch. Am Anfang steht die Philosophie der Landwirte, Weintrauben so zu kultivieren, dass Erde, Rebstock und Nutztiere in einem nützlichen Verhältnis zueinander stehen. Trauben aus solch ökologisch betriebenen Weinbergen schmecken aromatischer und enthalten wesentlich mehr natürliche Antioxidantien als konventionell kultivierte Reben. Das liegt daran, dass die Beeren kleiner sind, somit mengenmäßig mehr Früchte an der Rispe hängen und die an sich robuster gegen äußere Einflüsse eine dickere Schale aufweisen, die mehr Nährstoffe speichert. Beim Keltern gibt es weitere strenge Vorschriften, damit Wein das Label »BIO-Wein«, »BIO-Dynamisch«, oder »Vegan« tragen darf. Der Winzer muss sich als BIO-Winzer zertifizieren und der Landwirt, der die Weintrauben züchtet, ebenso. Das bedeutet, der Einsatz von Herbiziden, gar Pestiziden, ist in der ökologischen Agrarkultur generell verboten, der minimale Einsatz, sofern nötig, von nicht biologischen Mitteln gegen Schädlinge wird behördlich streng reguliert.

Seit 2012 hat das Label EU-BIO-Wein-Label das vorherige Label ÖKO-Wein abgelöst. Die Winzer besitzen alle ein eigenes EU-Zertifikat für ihre BIO-Weinproduktion. (Foto) Während der organischen Pflege der Reben und des Terroirs kommen Kupfer und Schwefel in geringen Mengen gegen Schädlinge zum Einsatz, in der Bio-Dynamischen verzichtet man darauf und arbeitet streng im holistischen Prinzip nach Mondkalender.

Ein zusammengesetztes Foto, das zwei Ansichten aus der Weinproduktion zeigt. Auf der linken Seite sind zwei große, liegende Holzfässer der Marke "Quinta dos Castelares" auf einem Metallgestell in einem dunklen Keller zu sehen. Auf der rechten Seite packt eine Person in einer Holzkiste mit demselben Logo eine Weinflasche ein.

Die auf diese Weise angebauten Rebsorten kommen nach der Lese und sorgfältiger Auslese der Früchte von Hand ungekühlt in die Kellerei. Das Runterkühlen während der Vinifikation ist untersagt, ebenso das Entschwefeln, gar teilweise Entalkoholisierung durch physikalische Verfahren. Die Früchte gären mit Schale und Stielen in Inox-Tanks und werden nach der Klärung und Schönung des Weins entweder als Sortenwein oder zur Assemblage veredelt in Flaschen abgefüllt.

Klärung und Schönung des Mosts sind zwei heikle Prozesse, die ebenso strengen Vorschriften unterliegen. Für BIO-Wein dürfen ausschließlich auf Pflanzenbasis oder milchbasiert hergestellte Substanzen verwendet werden und nicht wie bei der konventionellen Klärung und Schönung von Most Gelatine aus Tierknochen oder Fischblasen gewonnen.

BIO-Winzer verwenden überwiegend pflanzliche Proteine aus Weizen, hin und wieder welche aus Milch und solche, die aus Eiern gewonnen werden. Für das zusätzliche Label „Vegan“ (Foto) darf ausschließlich Erbsenprotein oder Kartoffelstärke zur Klärung und Schönung des Weins verwendet werden. Eine dritte Möglichkeit ist BIO, vegan und geschmacklich und geruchlich interessant: Man lässt den Most NAKED. Nackt. Ungeklärt, also trüb. Damit bleiben sämtliche natürlichen Aromen und Nährstoffe im Most dem Wein erhalten. Naturtrüber Wein wird bei etlichen Winzern immer beliebter, denn natürlich ist die Klärung mit rein pflanzlichen Substanzen sowie die biodynamische, holistisch-spirituelle Weinwirtschaft nach Mondkalender kostspielig und risikoreich.

Der kleine Unterschied für dich als Kunde liegt nicht grundsätzlich im Preis, sondern im Fußabdruck für Umwelt und Natur. Beim Genuss vom BIO-Wein aus der Vinho Bar Quinta Dos Castelares Colheita Rotwein 2023 – Biowein unterstützt du die Winzerfamilie Caldeira und ihre Mitarbeiter beim Erhalt der Natur, sprich der Pflanzen-, Insekten- und Vogelvielfalt im Weinberg. Zudem dem Boden, ohne Einsatz von Chemie, gesund und nährstoffreich zu bleiben und durch die Begrünung erosionsgeschützt. Indirekt verhilft der Verzehr von BIO-Wein Weideschafen zur artgerechten Haltung. Also ein rundum nachhaltiger Weingenuss.

Die Trauben für den BIO-Wein der »Quinta dos Castelares« am oberen Douro wachsen an Steilhängen im Schiefersteingebirge auf 500 mÜNN und nehmen mineralhaltige Nährstoffe des granithaltigen Terroirs in sich auf, was du den drei Hauptreben aller DOURO-Weine, Touriga Nacional, Touriga Franca und Tinta Roriz, auf Anhieb witterst. Sobald du die Flasche öffnest, steigt dir der Duft der Berglandschaft im Morgennebel entgegen, wenn das Rebholz die letzten Tautropfen in sich einsaugt und die Sonne nach und nach die kleinen, knubbelig saftig-süßen Beeren trockenküsst. Drei große Rebsorten in einer Flasche erwarten dich beim Quinta dos Castelares Tinto Biológico Colheita 2023 und bescheren dir im Glas ein diskret würziges Bouquet nach Brombeere und Zistrose, am Gaumen ein harmonisch samtenes Tanningefühl und auf der Zunge eine feurige Parodie blumiger Nuancen. Vielleicht ein neuer Lieblingswein.

Ein solch aromatischer Roter verdient ein kräftig aromatisches Menü, und im Herbst auf jeden Fall mit Pilzen.

Ein Foto, das eine Schüssel mit Nudeln zeigt. Die Nudeln sind mit Pilzen, zerbröckeltem Käse und frischer Petersilie vermischt.

REZEPT: Frische Pfifferlinge oder Steinpilze mit Gorgonzolasauce

Zutaten für 4 Personen:

Salz, Pfeffer, Olivenöl, 100 g Salzbutter, 200 ml Sahne, 100 g Gorgonzola, 4 Schalotten, 2 Knoblauchzehen, 600 g frische Pfifferlinge (oder Steinpilze oder 300 g und 300 g), 500 g Spaghetti, ein Sträußchen krause Petersilie.

Zubereitung:

  • 500 g Spaghetti wie vorgegeben kochen, abgießen und warmhalten.
  • 600 g Pfifferlinge (oder und Steinpilze) mit einem weichen Bürstchen (für Pilze oder für Babyhaar) von Waldkrümeln befreien, das Füßchen abschneiden und in Stücke schneiden – bitte erst just vor Zubereitung kurz unter kaltem Wasser abduschen, sonst werden die Pilze labberig und schmecken nicht mehr, wie sie sollen, nach Wald.
  • 4 Schalotten und 2 Knoblauchzehen fein würfeln und in ½ Salzbutter und ½ Olivenöl anschwitzen bis sie glasig sind, salzen und pfeffern, dann die Pilze dazugeben.
  • Mit einem Holzlöffel Pilze und Zwiebelschwitze immer wieder wenden, bis die Pfifferlinge nach ca. 3–5 Minuten gar sautiert sind, und 1–2 Essl. Wasser dazugeben, sodass ein etwa fingerdicker Sud am Pfannenboden entsteht.
  • Auf eine Gabel aufgespießt montierst du nun den Gorgonzola ein, indem du die Gabel in kreisenden Bewegungen durch den köchelnden Sud ziehst.
  • Nun gibst du die Spaghetti dazu, vermengst Nudeln mit Pilzsauce, gibst die kalte Sahne dazu und hebst sie unter. Zum Schluss großzügig krause, kleingehackte Petersilie aufstreuen und mit Pfeffer aus der Mühle endwürzen.

Bom apetite!

 

Fotos: Catrin Ponciano, Quinta dos Castelares, Canva

Autorinnen-Steckbrief – wer schreibt?

Olá, ich bin Catrin Ponciano. Portugal ist meine Wahlheimat seit 1999. Bis 2006 war ich Küchenchefin, dann habe ich in Portugal das Messer gegen einen Stift als Werkzeug getauscht. Seither veröffentliche ich redaktionelle Beiträge und Blogs über Portugals Kultur, Geschichte, Politik, über Land und Leute, über Kulturerbe, Musik und Kunst, und über allerfeinste Speisen, Märkte, Weine, und Liköre. Als Schriftstellerin publiziere ich literarische Reisebücher, Essays, und Kriminalromane am Schauplatz Portugal. Als Kulturvermittlerin begleite ich Bildungsreisen, Journalistenreisen und TV-Drehteams. Wer mehr über mich erfahren möchte, schaut und liest hier weiter: www.catringeorge.com


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